Raumgestaltung Vespermann - Vorbildlicher Generationswechsel 2018
Raumgestaltung Vespermann, Moringen
Die Weichen sind gestellt
Inge und Norbert Berndt sorgen gemeinsam mit ihrer Tochter Katharina dafür, dass bei Raumgestaltung Vespermann nach 125 Jahren Firmengeschichte das Verhältnis von Tradition und Moderne stimmt. Mit einer Filiale in Göttingen setzen sie seit 2012 neue Akzente. Und seit dem 1. Januar 2018 führen Mutter und Tochter das Unternehmen gleichberechtigt. Ein vorbildlicher Prozess, meint die Jury, und vergibt den Heimtex-Star 2018 nach Moringen.
Wir haben den Gesellschaftervertrag unterschrieben und seit dem 1. Januar 2018 ist unsere Tochter Katharina nun 50 %-ige Mitinhaberin“, freut sich Firmenchefin Inge Berndt von Raumgestaltung Vespermann aus Moringen. Vater Norbert Berndt fungiert als technischer Betriebsleiter, im Alltagsgeschäft ändert sich für Kunden und Mitarbeiter nichts. „Letztendlich haben wir jetzt nur eine neue Handelsregisternummer – alles andere bleibt“, erklärt Inge Berndt.
Das soll nun ein paar Jahre so laufen, „bis Katharina irgendwann sagt: Nun reicht es, jetzt übernehme ich ganz“, lacht die Mutter. Sie habe vor Jahren einmal ein Zitat eines unbekannten Autoren gelesen, dass sie sehr berührt habe – und das sie nun als Startschuss für das neue Kapitel der Firmengeschichte sehen möchte: „Tradition ist nicht das Erhalten der Asche, sondern das Weiterreichen der Flamme.“
Gemeinsam mit ihrem Mann Norbert hält Inge Berndt, geborene Vespermann, als vierte Generation die Fahnen der Raumgestaltung Vespermann in Moringen hoch – und hat die fünfte Generation nun schon fest mit in den Sattel gehoben. Seit 125 Jahren gestaltet der Familienbetrieb aus dem 5.000-Einwohner-Ort bei Göttingen die Räume der Kunden. Norbert Berndt ist überzeugt: „Der Elan der Jungen und die Erfahrung der Alten – diese Kombination ist wertvoll.“
Da Katharina Berndt die Generationenfolge sichert, hat sich die Familie vor fünf Jahren zu einer Firmenvergrößerung mit einer Filiale in Göttingen entschlossen. So konnte das Personal erhalten und der Tochter der nötige Freiraum verschafft werden, erklärt Norbert Berndt. „Wir wollten eine Immobilie mit einem Parkplatz davor und ohne viel Laufkundschaft: So haben wir Zeit für unsere Kunden.“ Der Standort am Eichendorffplatz erfüllte alle Bedingungen. Die Entscheidung für das Göttinger Ostviertel war nach einem Blick in die aktive Kundenkartei schnell getroffen: Gute 30 % der Kunden kamen schon vorher aus dem Stadtgebiet, wo sich mit zahlreichen Bürgerhäusern mit Deckenhöhen von 4 m viel Gestaltungsraum für Stoffbahnen bietet. Im Oktober 2012 wurde die Niederlassung eröffnet.
Verkaufsraum als Visitenkarte für hochwertige Raumausstattung
Inge und Norbert Berndt sind die vierte Inhabergeneration der Raumgestaltung Vespermann.
Die Zielgruppe der Familie Berndt, die an beiden Standorten ein „House of Jab“ führt, sind Interessenten für hochwertige Raumausstattung. Inge Berndt: „Aber letztendlich decken wir alles ab: Auch klassische Ikea-Kunden können bei uns etwas finden.“ Denn auch die hochwertigen Hersteller wie Jab Anstoetz haben konsumige Artikel im Angebot. Der Schwerpunkt liege aber im mittleren bis hochwertigen Bereich, gern auch einmal mit Tendenz Luxus. „Wer sich als Raumausstatter im gehobenen Mittelfeld platzieren will, muss sich entsprechend aufstellen“, sind die Berndts überzeugt. Viele Kunden seien stolz darauf, sich Vespermann leisten zu können. Entsprechend wertig müssen natürlich auch die Dekorationen wirken.
Die Schaufenster – Visitenkarten der Geschäfte – werden alle sechs bis acht Wochen von Inge und Katharina Berndt neu gestaltet. Die Front des 350 Jahre alten Geschäftshauses in Moringen wirkt etwas traditioneller und gemütlicher als die helleren Räume in Göttingen. Mit verschiedenen Farben und Zusammenstellungen der PoS-Dekorationen der Lieferanten werden unterschiedliche Atmosphären erzeugt.
Die kleinen Schaufenster in Moringen lassen nur erahnen, was in Geschäft und Ausstellungsraum auf die Kunden wartet. Auf rund 100 m² präsentiert Vespermann alle Bereiche der klassischen Raumgestaltung: Dekos und Gardinen, Polsterei, Bodenbeläge, textile Wandbekleidung und Sonnenschutz.
In Göttingen schaut der Kunde hingegen in einen offenen, großen Verkaufsraum und erhält so schon einen Eindruck vom Angebot des Fachhändlers. Dazu die Präsenter mit Kissen und Accessoires, die in Moringen einen deutlich geringen Anteil ausmachen.
Die Filiale am Göttinger Eichendorffplatz feierte 2017 ihr fünfjähriges Bestehen.
Inge Berndt ist überzeugt: „Schaufenster sind wichtig.“ Raumausstatter müssen mit ihrer Auslage neugierig machen und überzeugend zeigen, dass sie dekorieren können. „Wir müssen uns in die Lage des Endverbrauchers versetzen.“ Ihre Mitarbeiter fordert sie auf: „Stellt Euch vors Fenster und denkt wie ein Kunde. Der soll sehen: Wir sind es wert, dass er uns sein Geld gibt.“
Klassisches Sortiment
Raumgestaltung Vespermann ist ein klassischer Raumausstatterbetrieb: „Wir polstern, nähen und machen den Boden selbst“, fasst Norbert Berndt zusammen. Die Polsterei und Näherei befindet sich in Moringen, das soll auch so bleiben. Die Hauptstandbeine sind Gardine, Sonnenschutz und das Polstern. „Den Boden wollten wir etwas herunterfahren“, erzählt Inge Berndt. Doch seitdem für diesen Bereich keine Werbung mehr gemacht würde, „läuft es besser als vorher“. Am liebsten verkaufe sie abgepasste Teppiche. „Doch auch der Teppichboden kommt wieder“, freut sich die Raumausstatterin. „Und bei uns steigt Stoff gegen den Trend.“
Beim Wareneinkauf konzentrieren sich die Berndts auf wenige Lieferanten. Neben Jab Anstoetz und Zimmer+Rohde gehören unter anderem Prestigious Textiles und Christian Fischbacher zum Programm. Bei der Gardine herrsche der Trend, sich auf einzelne Bereiche zu konzentrieren: „Ein ausdrucksvoller Inbetween, halbtransparente Materialien oder eine schöne Übergardine. Seltener werden noch der klassische Store und Dekoschals gemeinsam verarbeitet.“ Der Kunde möchte nur einen Fensterartikel, oft kombiniert mit Sonnenschutz, der immer textiler und wohnlicher wird. „Wenn wir dazu hochwertige Vorhangstangen unter dem Motto ,Überschrift fürs Fenster’ anbieten, kommt das bei den Kunden gut an.“ In Göttingen sei darüber hinaus die Übergardine zum Zuziehen (nicht nur als Schal an der Seite) ein großes Thema. Bei den Möbelstoffen erkenne sie keinen eindeutigen Trend. „Vom knallorangenen Ohrensessel mit grauem Hocker bis zu spannenden Kombinationen wie Pink-Petrol oder die immer beliebten Noncolours ist alles dabei – je nachdem, wo die Möbel zum Einsatz kommen.“
Nähe zu Kunden und Mitarbeitern
Als Möglichkeit der Kundenbindung sieht Inge Berndt persönliche Mailings und Events. Die Datei mit rund 2.000 registrierten Kunden wird gut gepflegt, um auch gezielt bestimmte Gruppen ansprechen zu können. Mundpropaganda sei ebenfalls nicht zu unterschätzen – in jede Richtung: „Wenn man schlecht ist, spricht sich das schneller herum, als wenn man gut ist.“
Bei regelmäßigen Verkaufsaktionen und Veranstaltungen im Haus sorgen die Berndts für Kundennähe, beispielsweise mit jährlich stattfindenden Events im Hof hinter dem Ladengeschäft in Moringen. Auch Lieferanten können hier ihre Neuheiten zeigen. Mitunter werden Stoffpräsentationen mit kulinarischen Highlights, Weinproben oder Probefahrten mit Luxusautos kombiniert. „Einmal ergänzte eine Malerin unsere Präsentation mit einer Bilderausstellung auf dem Hof, ein anderes Mal haben wir zur Stoffreise eingeladen, bei der zu den Textilien aus verschiedenen Ländern passende kleine Speisen gereicht wurden“, erzählt Inge Berndt.
Aktuell beschäftigt die Familie neben den beiden Meistern Norbert und Katharina Berndt zwei Gesellen, zwei Lehrlinge und eine Näherin. „Wir setzen auf das Wissen und Können unserer Mitarbeiter“, so Norbert Berndt. Die Weiterbildung ist der Familie ein wichtiges Anliegen, ob in Fortbildungen, Workshops, Tagungen oder Messen. Wer darüber hinaus Ideen hat, findet bei den Inhabern immer offene Ohren. Einmal im Monat kommt das ganze Team zu einer Betriebsbesprechung zusammen. „Da kann dann jeder Mitarbeiter Wünsche äußern, Kritik üben oder Vorschläge machen – das hat sich für das Betriebsklima bewährt“, erklärt Norbert Berndt.
Antje Lückingsmeier
Vorbildlicher Generationswechsel des Jahres 2018