Der Raumausstatter Keyser - Gelungener Neubau 2018
Der Raumausstatter Keyser, Straubing
Wie Phönix aus der Asche
Drei Tage vor Heilig Abend brennen beim FHR-Mitglied Keyser in Straubing nicht die Kerzen, sondern das Geschäft, Lager und Fuhrpark. Die Geschäftsführer Walter und Martin Ebenbeck begreifen dies als Chance, sich mit einem Neubau und Keyser als Marke größer und wertiger zu positionieren. Den „neuen Keyser“ prämiert die Jury als beispielhaft mit dem Heimtex-Star 2018 für den gelungen Neubau.
In der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember 2015 zerstört ein Feuer die Räume und den Fuhrpark der Raumausstattung Keyser in Straubing. Übrig bleibt nur der Server mit den Daten des Unternehmens, der in einem feuergesicherten Raum befand. Gut zehn Monate, nachdem alles in Schutt und Asche lag, hat sich die Firma an gleicher Stelle neu positioniert. „Wer hochwertig verkaufen will, muss sich auch wertig präsentieren“, sagt Walter Ebenbeck. Er leitet das Handels- und Handwerks-Unternehmen für Wohnraumgestaltung gemeinsam mit seinem Cousin Martin Ebenbeck, Raumausstatter- und Parkettlegermeister. Mit dem Neubau haben sie ihren Markenkauftritt verändert und mit dem neuen Logo verdeutlicht. Das Sortiment wurde nach oben abgerundet und mit Möbeln erweitert. „Im Ergebnis wird jetzt hochwertiger verkauft“, stellt der Kaufmann fest.
Die Kunden sind zu zwei Dritteln Privatpersonen und einem Drittel Architekten und Bauträger. „Der neue Keyser hat sich in kurzer Zeit zum Magnet auch für anspruchsvolle Kunden entwickelt, die jetzt auch aus einem weiteren Umkreis kommen“, zieht Ebenbeck Bilanz.
Der moderne Kubus mit viel Glas wurde am 3. November 2016 mit großem Publikum eröffnet. Keyser bietet nun ein breites Sortiment an Wohntextilien, innenliegendem Sonnenschutz, elastischen und textilen Bodenbelägen, Parkett, Teppichen sowie Accessoires zur dekorativen Wohnraumgestaltung – und ganz neu die trendigen Möbel der Münchner Marke Kare Design. Ein Pluspunkt ist der zuverlässige Service mit qualifizierten Fachkräften in der Beratung, im eigenen Nähatelier und der Verlegung von Bodenbelägen. Zur Wertigkeit gehört auch das Eigenlabel von Keyser, mit dem die konfektionierten Textilien sowie die Muster in der Ausstellung einheitlich gekennzeichnet sind.
Der neue Keyser ist allerdings nicht nur für Kunden attraktiver geworden. Auch Walter Ebenbecks Tochter Judith interessiert sich jetzt für das Unternehmen und mischt im Marketing und der Eventgestaltung mit. Sie achtet auf Professionalität und Aktualität mit Bildern und Beiträgen auf Facebook, dem Blog und pflegt die Webseite – die Visitenkarte gegenüber vielen Kunden. Nach einem Studium in Kunstgeschichte absolviert sie nun ein Traineeprogramm im Betrieb.
Sich wertig präsentieren
Nach dem Brand ist an gleicher Stelle ein imposanter Neubau entstanden.
„Der neue Keyser unterscheidet sich deutlich vom früheren Erscheinungsbild, das geprägt war vom Hallencharakter einer niedrigen Raumhöhe, Lagerware auf Paletten und Paternostern mit Teppichboden“, sagt Walter Ebenbeck, für den sich eine wertige Darstellung durch alle Bereiche ziehen muss. Die Ausstellungsfläche von 560 m² im Erdgeschoss ist zwar 40 m² kleiner als vorher, wird aber mit jetzt 4 m Raumhöhe und moderner Beleuchtungstechnik als größer empfunden. Das Kernsortiment ist nun klar strukturiert: Der Kunde kann sich mit einem Blick über die halbhohen Gondeln der Fensterdeko- und Gardinenabteilung sowie den Musterschränken für die Bodenbeläge einen Überblick verschaffen.
Maßgeblich für das Ausstellungskonzept war, sowohl das Einkaufserlebnis als auch die Beratung mit Inspiration zu fördern. Unterschiedliche Bodenflächen zonieren daher nicht nur das Sortiment, sondern vermitteln über Laufgefühl und Optik auch ergänzende Informationen zu LVT – geklebt, geklickt oder auf Träger – Parkett oder Teppichboden. Kreativität mit Teppichmodulen von Heuga Interface zeigt der Eingangsbereich. In der Bodenbelagsabteilung hat Martin Ebenbeck die Holzoptik von Eiche als LVT-Planken in Mustern verlegt und auf der weiteren Fläche Eiche-Parkett in sechs abgegrenzten Einheiten zu je 12 m². Auf der Fläche erkennt der Kunde leichter die Unterschiede in der Sortierung – rustikal oder select. Zudem kann er sich in der Oberflächenbehandlung leichter entscheiden, ob er schwarz oder braun gespachtelt möchte und den Ölauftrag in natur oder mit Farbpigmenten.
Parkett im gehobenen Preissegment ist mit gut 50 % Anteil der umsatzstärkste Bodenbelag bei Keyser. Etwa 70 % der verkauften Produkte verlegt das Unternehmen selbst. Aber: „Der Niederbayer macht gern selber, auch wenn er kein versierter Handwerker ist“, führt Ebenbeck aus. Diese Heimwerker profitieren von einem speziellen Service bei Keyser. Ein Profi steht ihnen auf Stundenbasis mit Rat und Tat sowie Maschinen zur Verfügung.
Ein Blickfang ist die offene Fläche hinter der Glasfassade, die abends beleuchtet ist. Sie zeigt eine Wohnraumsituation und wird regelmäßig aktualisiert. Das Bild kommuniziert den ganzheitlichen Ansatz von Keyser. Zur Möbelabteilung auf der Galerie führen eine große Freitreppe und der Lift, den das zweistöckige Bild des Straubinger Stadtturms kaschiert. In der großen Auswahl an Wohnaccessoires stecken auch Exponate mit Lokalkolorit.
Trotz Brand ökologisch, ökonomisch und menschlich gewonnen
Das Möbel von Kare und Accessoires zur Wohnraumgestaltung auf der Galerie haben sich schnell zu Umsatz- und Frequenzbringern entwickelt.
Insgesamt wurden 2,8 Mio. EUR in den Wiederaufbau investiert, davon 1,5 Mio. EUR ins Gebäude. Ausbau und Konzeption beruhen in großem Umfang auf Eigenleistung. „In meiner Familie haben ökologische und energetische Aspekte beim Bauen schon immer eine große Rolle gespielt“, erzählt Martin Ebenbeck. Die Klimatisierung erfolgt über eine Luftwärmepumpe. Für Strom sorgt eine Photovoltaikanlage, die ihren Überschuss ins öffentliche Netz einspeist. Das isolierte Gebäude mit 1.460 m² Grundfläche erreicht den KfW-Effizienzhaus-Wert 55 und wurde finanziell gefördert. Zum Brandschutz ist der Bau jetzt in sechs Abschnitte unterteilt. Die Datensicherung der EDV erfolgt mehrmals täglich über eine Cloud.
Nicht vergessen haben die beiden Geschäftsführer die Unterstützung, die sie nach dem Brand erfahren haben. Mitarbeiter setzten eigene Fahrzeuge und Hänger ein. Um anstehende Aufträge noch termingerecht im Januar ausführen zu können, lieferten Firmen wie Windmöller sehr kurzfristig neue Ware. Der FHR, Jordan sowie Sonnhaus und Außendienstmitarbeiter der Industrie brachten kostenfreien Ersatz an Mustern und Büchern, so dass der Verkauf weiterlaufen konnte. „Wer in dieser Zeit nur gegen Vorkasse liefern wollte, ist jetzt allerdings raus“, sagt Ebenbeck mit aller Deutlichkeit.
Hilfe kam auch von Nachbarn und Partnern, die Schreibtische und Computer spendeten oder Bodenbelagsreste, um in einer unweit gelegenen Lagerhalle eine provisorische Filiale einzurichten. „Sogar Wettbewerber überließen uns Werkzeuge oder ihr Nähatelier“, denken die zwei Ebenbecks mit Dankbarkeit zurück.
An den Zusammenhalt erinnert die groß dimensionierte Gruppenaufnahme mit den 16 Mitarbeitern an der Empfangstheke. Viele von ihnen sind seit der Ausbildung im Betrieb. Ein junger Parkettleger und eine Einzelhandelskauffrau sind gerade in Ausbildung. „Künftig wird es jedoch schwer, qualifizierte Handwerker zu finden“, befürchtet Martin Ebenbeck. „Bei gleicher Mannschaft kann Wachstum daher nur über die Handelsseite erfolgen“, ergänzt Walter Ebenbeck.
Bei Keyser ist aus einer zunächst schwierigen Situation letztlich etwas Positives entstanden. Aus ihrer Erfahrung raten die beiden Geschäftsführer jedem, Daten kontinuierlich zu sichern und die Versicherung mit den aktuellen Werten anzupassen. Auch wenn die Versicherungssumme für ihren Neubau nicht ausreichte, hat sie doch das Überleben gesichert.
Silvia Mändle
Gelungener Neubau des Jahres 2018