Farb Forum - Vorbildliches Cross-Selling-Konzept 2019
Farb Forum, Wörrstadt
Café und Fachhandel unter einem Dach
Nachdem Malermeister Steffen Knell in Wörrstadt ein Malerfachgeschäft eingerichtet hatte, eröffnete der passionierte Hobbykoch im selben Gebäude auch ein Café. Das wirkt sich positiv auf die Kundenfrequenz aus. Die Jury bedachte Knell deshalb mit dem Heimtex-Star 2019 für ein vorbildliches Cross-Selling-Konzept.
Kochen ist nach Maler- und Lackierarbeiten seine zweite Leidenschaft. Deshalb hat Malermeister Steffen Knell die Speisezubereitung mit seinem Beruf verbunden und unter dem Dach seines Malerfachgeschäfts Farb Forum in Wörrstadt das Café „Le Petit – das kleine Café“ eröffnet. „Ich habe immer damit geliebäugelt, etwas mit Essen zu machen“, sagt der 50-Jährige. Als seine Tochter Ida ihre Ausbildung zur Restaurantfachfrau abgeschlossen hatte, ergab sich endlich die Gelegenheit. Die 24-Jährige sagte sofort zu, das Café zu organisieren und ihren kulinarisch interessierten Vater zu unterstützen, während Sohn Nils (26) ihm als Malermeister zur Seite steht. Ehefrau Stefanie hält den Familienbetrieb am laufen, indem sie je nach Bedarf vorwiegend im Büro und Facheinzelhandel, aber auch im Café mit anpackt.
Die Ladengestaltung wirkt klar, übersichtlich und modern. Durch das neutrale Interieur stehen die ausgestellten Produkte im Fokus.
Knell ist seit 1996 selbstständiger Unternehmer. Er begann in Hochborn mit einem Malerbetrieb, 2002 kam der Fachhandel am neuen Standort im Gewerbegebiet Wörrstadt dazu. Als er 2015 im Zentrum der rheinland-pfälzischen Stadt ein leerstehendes Geschäftsgebäude entdeckte, entschied er sich zum Kauf und richtete dort 2016 nach einer umfangreichen Renovierung seinen Maler-Facheinzelhandel und das Café ein. Es erinnert mit seinem gemütlichen Einrichtungsstil an das einst in dem Haus untergebrachte Kino.
Handwerk und Mittagstisch
Seit der Unternehmensgründung in der Stadtmitte ist Familie Knell nicht nur in Handel und Handwerk aktiv, sondern backt auch die meisten im Café angebotenen Kuchen selbst. Dazu wird Kaffee aus einer Mainzer Rösterei serviert. Auch Mittagstisch gibt es von Montag bis Freitag mit jeweils einem Gericht. Bei den monatlichen After-Work-Veranstaltungen stehen je nach Saison Besonderheiten auf der Karte. Zudem können die Gäste Waren aus fairem Handel, nachhaltigen Rohstoffen und in Bioqualität erstehen.
Der umtriebige Hobbykoch hat viel Spaß an seinem Gastronomiebereich, der erwartungsgemäß das Malerfachgeschäft befruchtet. „Vorher haben die Kunden gezielt bei uns gekauft. Jetzt kommen auch viele über das Café. Im Fachhandel registrieren wir dadurch ein Plus“, erläutert Knell. Seine Frau Stefanie fügt hinzu: „Manch ein Kunde überbrückt die Wartezeit bis zur Beratung im Café, andere genießen dort unser Angebot und lassen sich hinterher im Geschäft inspirieren.“ Das Café wirke sich positiv auf die Stimmung aus. Mittlerweile erwirtschaftet der Familienbetrieb einen Jahresumsatz von fast 500.000 EUR.
Im Laden hinter dem gastronomischen Bereich werden die Kunden dann professionell beraten, wenn sie Tapeten, Farben, Lacke, Malerbedarf, Fensterdeko und Fußbodenbeläge erstehen wollen. Verarbeitet werden die Produkte auf Wunsch von Knell und seinem Team, das alle Maler- und Lackierarbeiten, Trockenbau, Fußbodenverlegung und auch die Fensterdekoration beherrscht.
Auch die modernen Spachteltechniken können der Malermeister, sein Sohn und die drei Gesellen ausführen. „Wir bilden uns regelmäßig weiter“, unterstreicht Knell und hält diese Maßnahme für existenziell im Handwerk mit seinen sich verändernden Anforderungen. Wenn es sein muss, räumt sein Team auch Zimmer aus und nach der Renovierung wieder ein. Darüber würden sich vor allem ältere Menschen freuen. Knell weist aber darauf hin, dass die handwerklichen Dienste nur von etwa einem Drittel seiner Kunden in Anspruch genommen werden, 70 % verarbeiten die bei ihm gekauften Produkte selbst.
Beratung muss sein
Das Malergeschäft hat ca. 350 Kunden aus der Umgebung in einem Radius von rund 50 km. Darunter finden sich ebenso junge Familien mit schmalem Budget wie über 50-jährige Menschen, die mehr Geld in die Hand nehmen, um sich ihr Haus oder ihre Wohnung nach eigenen Vorstellungen gestalten zu lassen. Das A und O dabei ist aber die kenntnisreiche Beratung. Davon ist Knell überzeugt: „Wenn man einen Malerbetrieb hat, muss man beraten. Denn Handel und Maler profitieren voneinander.“ Letztlich entscheide zwar der Kunde, was eingesetzt werden solle. Aber im Geschäft müsse ihm aufgezeigt werden, was möglich sei und welche Materialien sowie Farben zusammen passten. Dabei konzentriere sich die Beratung mehr und mehr auf schadstoffarme Produkte. Die lägen im Trend.
Der Produktschwerpunkt liegt bei Knell mit 60 % auf getönter Ware, also Weißware, Lacke und Zubehör. An zweiter Stelle stehen mit 20 % Bodenbeläge. Besonders gefragt sind nach Angaben des Malermeisters in diesem Segment Vinylböden. „Weil sie strapazierfähig sind und sich leicht verlegen lassen.“ Teppichboden wird kaum noch verkauft, Parkett gibt es beim Schreiner.
Der Schau_raum bietet 650 m² Ausstellungsfläche.
Tapeten spielen in Wörrstadt ebenfalls eine Rolle, sie machen bei Knell rund 10 % des Sortiments aus. Allerdings werden sie – wie allgemein üblich – nicht mehr an allen vier Wänden angebracht, sondern als Akzent an einer Wand. „Es gibt nichts schöneres, als Tapete zu verarbeiten. Das habe ich von der Pike auf gelernt“, sagt Knell. Darüber hinaus findet der Kunde eine Auswahl an Stoffen und Sonnenschutz. Der Fachhandel hält rund 1.000 verschiedene Produkte bereit.
Damit die Endverbraucher auf den ersten Blick Trends und Gestaltungsmöglichkeiten erkennen können, dekorieren Knells alle sechs Monate ihr Ladengeschäft um. Liebevoll werden Farben, Tapeten, Stoffe und Bodenbeläge mit passenden Accessoires kombiniert. Ein Schaufenster existiert nicht, da der Weg durch das Café ins Geschäft führt.
Familie Knell ist froh über den Standort im Wörrstadter Zentrum. „Vorher mussten wir viel fahren. Jetzt leben und arbeiten wir unter einem Dach“, sagt Stefanie Knell. Viele Kunden kommen inzwischen zur Beratung ins Geschäft. Gleichwohl besucht das Paar Interessenten natürlich auch in deren Zuhause, um vor Ort Gestaltungen zu besprechen.
Der Arbeitsalltag im Geschäft und im Café bereitet der Familie soviel Freude, dass sie ständig darüber nachdenken, weitere Aufgaben zu übernehmen. So luden sie kurz vor Weihnachten zum Baumverkauf mit Glühwein ein. „Und vielleicht richten wir ja noch Ferienwohnungen im Nebengebäude ein. Die wären eine ideale Ergänzung zum Café“, meint Steffen Knell. An Ideen mangelt es dem Malermeister und seiner Familie nicht.
Cornelia Küsel
Vorbildliches Cross-Selling-Konzept des Jahres 2019