Raum & Farbe Andreas Schmitt - Vorbildlicher Umbau 2020
Raum & Farbe Andreas Schmitt, Bad Camberg
„Wir kümmern uns ums Wohlbefinden unserer Kunden“
Seit 80 Jahren gibt es Farben Schmitt. Zwischenzeitlich umfirmiert zu Raum & Farbe, hat sich Inhaber Andreas Schmitt zum Jubiläum einen Umbau verordnet. Wie es in der Firma Tradition ist, wurde dabei nicht nur modernisiert, sondern auch das Sortiment erweitert. Bei laufendem Betrieb und ausschließlich in Eigenleistung wurde dem großzügigen Ladengeschäft buchstäblich und im übertragenen Sinne ein frischer Anstrich verpasst. Konzept, Umsetzung und das Ergebnis überzeugten die Jury, die dafür den Heimtex-Star 2020 in der Kategorie „Vorbildlicher Umbau“ vergibt.
Aus- und Umbauten haben im Familienunternehmen um Inhaber Andreas Schmitt Tradition. Die Geschäftsräume im mittelhessischen Bad Camberg wurden seit der Gründung regelmäßig renoviert, vergrößert und modernisiert. Die Anfänge gehen auf das Jahr 1939 zurück: Am 1. April übernimmt der Großvater des heutigen Inhabers, Franz Schmitt, den benachbarten Kolonialwarenladen und führt diesen mit einem bemerkenswerten Sortiments-Mix weiter: Neben Lebensmitteln sind von Anfang an auch Farben, damals Pulverfarben, die lose verkauft wurden, im Angebot sowie Lacke, Pinsel und Malerutensilien.
Der Farbenbereich wurde im Zuge des Umbaus um die Hälfte verkleinert – ohne das Sortiment zu verkleinern.
Die erste große Zäsur erfolgt im Jahr 1967. Auf dem Nachbargrundstück in der Bächelsgasse baut Franz Schmitt ein neues, modernes Ladengeschäft, die Keimzelle des heutigen Betriebes, und firmiert um zu Farben Schmitt. Im Sortiment verabschiedet sich der gelernte Farbenfachmann von den Lebensmitteln, konzentriert sich auf Farben, Lacke, Malerzubehör und erweitert das Portfolio um eine neue Produktgruppe: Tapete.
Mit jedem Umbau wird das Sortiment erweitert
In den 1970er Jahren tritt Gunter Schmitt, der Vater des heutigen Inhabers, ins Unternehmen ein. Die Geschäftsräume werden erweitert und es wird erneut umfirmiert, diesmal in Farben- und Tapetenhaus Franz und Gunter Schmitt. Der nächste Umbau erfolgt 1987, das Jahr in dem Andreas Schmitt in den Familienbetrieb einsteigt. Diesmal kommen Bodenbeläge zum Sortiment hinzu.
Anfang der 1990er Jahre folgt der nächste Schritt mit der Ausweitung des Produktportfolios um Heimtextilien. Simone Schmitt war ihrem frisch angetrauten Mann nach abgeschlossener kaufmännischer Lehre ins (schwieger)elterliche Unternehmen gefolgt. „Ich habe damals schnell festgestellt, dass für mich im Laden nichts dabei war, was mich vom Produkt her interessiert hätte“, sagt sie rückblickend. „Für mich war das anfangs alles vollkommenes Neuland. Mir kann aber zu Gute, dass ich immer künstlerisch tätig und sehr kreativ war, so dass ich mich schnell in diesen neuen Bereich einfinden konnte.“
Farben Schmitt bewegt sich zu dieser Zeit mit dem neuen Heimtextilien-Sortiment in einem starken Wettbewerbsumfeld. Die damals knapp 7.000 Einwohner zählende Kernstadt von Bad Camberg war in Sachen Gardinen mit fünf Verkaufsstellen maximal versorgt, was die engagierte Simone Schmitt jedoch nicht weiter beeindruckte. Sie setzte konsequent auf individuelle Beratung, ein übersichtliches Sortiment an Qualitätsartikeln und einen Top-Service. Ihre Rechnung ist aufgegangen: Von allen Betrieben, die in den 1990er Jahren Gardinen und Dekostoffe verkauften, sind die Schmitts heute mit diesem Produktbereich noch als einziger im Markt tätig.
Beflügelt vom Erfolg und angetrieben von der Erkenntnis, dass das eigene Ladengeschäft immer in einem Top-Zustand sein sollte, wenn man Produkte rund ums schöne Wohnen verkauft, folgte 1995 ein weiterer Umbau bei dem das komplette Mobiliar ausgetauscht wurde.
Aus Farben Schmitt wird Raum & Farbe
Im Jahr 2005 übernimmt Andreas Schmitt ain dritter Generation den elterlichen Betrieb und firmiert seitdem unter Raum & Farbe Andreas Schmitt. Fünf Jahre später, 2010, ist die Zeit reif für einen weiteren Umbau. Die Produktbereiche werden übersichtlicher und großzügiger präsentiert, das Sortiment wird um Sonnenschutzprodukte und textile Spezialitäten wie individuelle Bettwäsche in Sondermaßen und feine Schweizer Frottierwäsche erweitert.
Mittlerweile ist neben Simone und Andreas Schmitt mit den Töchtern Lisa und Sarah bereits die vierte Generation an Bord, die sich nach abgeschlossenen Ausbildungen voll in den elterlichen Betrieb einbringt. Dabei haben die Familienmitglieder die Arbeitsbereiche untereinander aufgeteilt. „Bei uns muss zwar jeder alles können“, erklärt Simone Schmitt, „doch es hat auch jeder sein Spezialbereich in dem er besonders stark ist.“ So ist Tochter Lisa eher wie Vater Andreas bei den Farben und im kaufmännischen Bereich zu Hause, während Schwester Sarah in die kreativen Fußstapfen von Mutter Simone tritt und sich um Tapeten und Stoffe kümmert.
Enge Verbindung zur Kundschaft
„Wir lieben unseren Beruf und unsere Produkte“, sagen Lisa und Sarah Schmitt. Und Mutter Simone ergänzt: „Es macht uns einfach Freude, mit schönen Produkten für das Wohlbefinden unserer Kunden zu sorgen. Das ist das Spannende an unserem Beruf, denn jeder Kunde ist anders. Wir wissen, was zu ihnen passt – und was nicht.““
Die Kundschaft kommt vorwiegend aus der näheren Region im Umkreis von rund 25 km. „Unsere Kunden kennen uns zum Teil seit vielen Jahren und über die Generationen“, erklärt Andreas Schmitt. „Sie wissen, dass sie bei uns gut beraten werden und nur beste Qualität erhalten, das spricht sich rum und so bekommen wir auch immer wieder neue Kunden über Empfehlungen.“ Ein Grund, weshalb Schmitt vollständig auf Werbung verzichtet.
Die Konzentration auf das Privatgeschäft ist daher durchaus gewollt und mit kontinuierlich über 80 % Umsatzanteil eine feste Größe. Über das Jahr gesehen entfallen die restlichen 20 % auf den Objektbereich, wobei sich Raum & Farbe dabei auf kleinere Prestigeobjekte fokussiert.
Neben den Familienmitgliedern gehören zwei Mitarbeiter im Handwerksbereich als Bodenleger und Tapezierer zum Team sowie weitere zwei externe Mitarbeiter für Näh- und Bodenarbeiten. Gerne würde Andreas Schmitt in seinem Betrieb ausbilden, doch das Interesse junger Leute am Beruf des Raumausstatters ist nach seinen Erfahrungen sehr gering bis nicht mehr vorhanden.
Für den Preisträger trifft es sich daher gut, dass seine Töchter mit Spaß und Leidenschaft bei der Sache sind. Und auch die fünfte Generation signalisiert bereits großes Interesse: Enkel Oskar (2 Jahre) hält sich mit Vorliebe im Laden der Großeltern auf und ist mit Feuereifer bei der Sache wenn es um handwerkliche Arbeiten geht.
Vollsortimenter mit Full-Service
Seit der Firmengründung hat sich das Unternehmen produktseitig und mit jedem Umbau zum Vollsortimenter rund um Wand, Boden, Fenster, Decke entwickelt. Dazu bietet Raum & Farbe die passenden handwerklichen Leistungen vom Bodenlegen über Nähen und Polstern bis zum Tapezieren aus einer Hand an. Ein Rundum-Sorglos-Paket, das von den Kunden geschätzt und gerne in Anspruch genommen wird.
Bemerkenswert stabil und konträr zum allgemeinen Branchenbild ist die Tapete bei den Schmitts ein umsatzstarkes Segment. Tochter Sarah kümmert sich mit großem Engagement um den Bereich und ist heute treibende Kraft, wenn es um die Hauskollektion geht, die seit Jahrzehnten zum Angebot gehört.
Eine weitere Besonderheit ist auch der Präsentations-Ständer. Er besteht aus einem speziell ausgerichteten, mehrteiligen Spiegel und einer simplen Vorrichtung, auf die eine Tapetenrolle gelegt wird. Durch die Spiegelung erhält der Kunde einen Eindruck davon, wie das jeweilige Tapetenmuster auf einer großen Fläche aussieht. Bis heute ist diese von Firmengründer Franz Schmitt ausgetüftelte Vorrichtung mit Erfolg in der Tapetenberatung im Einsatz.
Umbau zum Wohnberater
Von Firmengründer Franz Schmitt entwickelt: Durch einen mehrteiligen Spiegel kann man mit einer Bahn Tapete darstellen, wie sie in der Fläche aussieht.
Die schrittweise Modernisierung des Betriebes ist mit dem Umbau zum 80-jährigen Jubiläum nun vorerst abgeschlossen. Rund 150.000 EUR hat Andreas Schmitt in die Zukunftssicherung des Familienunternehmens investiert, wobei der dreimonatige Umbau komplett in Eigenleistung erfolgte. Bei laufendem Betrieb wurden Wände eingerissen, neu gesetzt, gestrichen und tapeziert, Böden neu verlegt, neue Lichtsysteme montiert und die schmucken Glasbausteine, die viele Jahre hinter Schränken verschwunden waren, freigelegt.
„Trotz aller Erfahrung, die wir mit Umbauten haben, hat uns dieser vor besondere Herausforderungen gestellt“, erinnert sich Simone Schmitt. Die größte bestand ohne Frage in der Tatsache, dass Ehemann Andreas von „seinem“ Farbenbereich Fläche abgeben musste, da mit dem Umbau wieder einmal das Sortiment ausgebaut wurde. Diesmal ging es um Möbel – und die brauchen Platz.
Gemeinsam überzeugte das Power-Trio aus Simone, Lisa und Sarah Schmitt den anfangs skeptischen Ehemann und Vater und so wurde der Farbenbereich im Ladengeschäft nahezu halbiert. Dabei gelang den Schmitts das Kunststück, dass trotz der Flächenreduzierung das Sortiment nicht verkleinert werden musste.
Mit der Ausweitung des Angebotes um Möbel und Leuchten hat das Unternehmen nun die Voraussetzungen geschaffen, um in kompletten Wohnkonzepten denken und arbeiten zu können. Das Sortiment beschränkt sich dabei bewusst auf Leuchten, Sitzmöbel, Tische, Wohnwände und -boards. „Damit können wir unseren Kunden nun endlich ganzheitliche Raumkonzepte anbieten, die weit über Wand-, Boden- und Fensterplanungen hinausgehen“, erklärt Simone Schmitt. „Dazu messen wir den zu planenden Raum aus, erarbeiten einen individuellen Entwurf und unterbreiten aus unserem großen Sortiment etwa Vorschläge zur Polsterung von Sofa oder Sessel. Auch Wohnwände, Tische, Schränke oder Boards können wir ganz nach Kundenwunsch und -maß planen und umsetzen.“
Michaela Fischer
Vorbildlicher Umbau des Jahres 2020