Schmidt Raum & Ausstattung - Vorbildlicher Generationswechsel 2020
Schmidt Raum & Ausstattung, Garding
Generationswechsel gibt Modernisierungsschub
Manuel Schmidt übernimmt mit 29 Jahren den elterlichen Betrieb Schmidt Raum & Ausstattung im schleswig-holsteinischen Garding in vierter Generation. In der Urlaubsregion um das Nordseebad Sankt Peter-Ording nutzt er mit Elan und Mut das Marktpotenzial, indem er das Sortiment um- und ausbaut, renoviert und mehr Personal einstellt. Das Ergebnis: Neuer Schwung und kräftige Umsatzsteigerungen. Dafür erhält der Betrieb den Heimtex-Star 2020 in der Kategorie „Vorbildlicher Generationswechsel“.
Schmidt Raum & Ausstattung ist ein kleiner Meisterbetrieb im nordfriesischen Garding auf der Halbinsel Eiderstedt. Familie Schmidt – Mutter Silke, Vater Arno und Sohn Manuel – beschäftigen eine Gesellin sowie zwei Auszubildende. 2019 steht ein Umsatz von rund 400.000 EUR in den Büchern. Gardinen und Polsterei stellen mit 45 % das Hauptsortiment dar, vor Sonnenschutz mit 30 % und Bodenbelägen, die rund 25 % der Erlöse ausmachen.
Tourismus ist Hauptgeschäft
Nachdem Manuel Schmidt vor neun Jahren in den Betrieb eingetreten ist, ging der Umsatz kontinuierlich nach oben und eine Gesellin wurde in Vollzeit eingestellt. Aktuell werden zudem zwei Auszubildende beschäftigt.
Der Betrieb ist hauptsächlich auf der 30 km langen und 15 km breiten Halbinsel Eiderstedt rund um das Nordseebad Sankt Peter-Ording tätig. Die Gegend verfügt über eine niedrige Kaufkraft, ist aber gleichzeitig eine der beliebtesten Ferienregionen Deutschlands, die vom Tourismus lebt. Es ist also nicht verwunderlich, dass rund 80 % der Kunden des Familienbetriebs Ferien- und Zweitwohnungsbesitzer sind.
1983 übernahm Arno Schmidt mit seiner Frau Silke den 1907 von seinem Großvater gegründeten Betrieb, eine viertel Stunde Autofahrt östlich von Sankt Peter-Ording gelegen. Er führte in der eigenen Werkstatt viele Sattler- und Polsterarbeiten durch und betrieb neben der Raumausstattung einen Einzelhandel mit Lederwaren, der von seiner Frau Silke Schmidt betreut wurde.
Der Betrieb läuft gut. Man hat sein Auskommen und lebt von Stammkunden. Gleichzeitig verändern sich der Markt, das Kaufverhalten und die Vorstellungen der Kunden. Die Inhaber müssen sich entscheiden, ob sie in die nötige Modernisierung ihres Betriebs investieren wollen und können.
Für viele Selbstständige in der Raumausstatterbranche, häufig sind das Inhaber-Ehepaare, stellt sich dann im Laufe der Jahre die Grundsatzfrage: Wer soll den Betrieb einmal übernehmen ? Findet sich ein geeigneter Nachfolger ? Stehen die eigenen Kinder bereit, die Familientradition fortzuführen ? Nur dann lohnt sich eine Modernisierung, die für einen kleinen Betrieb hohe Investitionen bedeutet. Viele Inhaber von Handwerksbetrieben finden aber keine geeigneten Nachfolger. Ihnen bleibt dann oft nichts anderes übrig, als zu schließen.
Den Eltern häufig über die Schulter geschaut
Silke und Arno Schmidt hingegen mussten sich nie wirklich Sorgen machen um die Nachfolge für ihren Betrieb. Denn als ihr Sohn Manuel 2004 mit 16 Jahren eine Ausbildung zum Raumausstatter antrat, „war schon irgendwie klar, dass er den Betrieb einmal übernehmen wird“, erinnert sich Silke Schmidt. Ihr Sohn sei schon immer handwerklich interessiert und geschickt gewesen, hat viel mit Holz gemacht und auch Kissen genäht. An einem Schulsamstag war sogar seine ganze Klasse auf Betriebsbesuch da: Manuel führte stolz durch die Firma und erklärte das Handwerk seiner Eltern.
Familie Schmidt – sowohl die Eltern als auch Sohn Manuel – muss also vieles richtig gemacht haben auf dem Weg zu einem „vorbildlichen Generationswechsel“. Der wurde Anfang 2018 offiziell vollzogen: Manuel Schmidt übernahm zum 1. Januar mit 29 Jahren die Geschäftsführung.
Die Eltern berichten, dass sie sich immer bemüht und die Zeit genommen haben, die Söhne – Manuel hat einen älteren Bruder, der in einer anderen Branche tätig ist – hinein schnuppern zu lassen in die Welt der Raumausstattung. So boten sich Manuel im Laufe von Kindheit und Jugend ganz selbstverständlich und fast zwangsläufig viele Gelegenheiten im Alltag, ohne Druck spannende Dinge in diesem Handwerk zu entdecken und mit der Zeit Freude an ihnen zu finden.
Den Beruf positiv vorgelebt
„Natürlich haben wir gehofft, dass Manuel einmal den Wunsch verspürt, den Familienbetrieb fortzuführen“, sagt Arno Schmidt. Denn jemanden anderen zu finden, wäre wohl schwer geworden, schätzt Silke Schmidt im Nachhinein ein. Doch ihnen ist es wichtig gewesen, Manuel zu nichts zu zwingen. Die Eltern haben sich lediglich bemüht, ihrem Sohn zu vermitteln, dass die Tätigkeit als selbstständiger Raumausstatter neben viel Arbeit, Stress und Verantwortung auch immer eines bedeuten kann: ein mit Sinn und Freude erfülltes Berufsleben.
Als Manuel dann 2011 in den Betrieb als angestellter Raumausstattermeister einsteigt, haben Silke und Arno Schmidt schließlich Gewissheit, dass ihr Sohn übernehmen wird und der Generationswechsel eingeläutet ist. Doch wenn dann Vater und Sohn konkret im Alltag gemeinsam agieren und den Laden führen müssen, sind Konflikte häufig vorprogrammiert. Und so war die Zusammenarbeit auch bei Arno und Manuel Schmidt in den ersten Jahren nicht immer leicht.
Sieben Jahre Übergangszeit
„Jeder hat dann aber seine Aufgaben gehabt. Das war hilfreich“, berichtet Mutter Silke. „Dazu gehört auch, sich zurücknehmen zu können“, betont Vater Arno, der gleichzeitig froh war, Teile der Arbeit und der Verantwortung abgeben zu können auf die nächste Generation. Und glücklicherweise sei Manuel jemand, der die Verantwortung angenommen und bis heute den Ehrgeiz habe, Ideen umzusetzen und Dinge zu entscheiden.
Für diesen fließenden Übergang der Verantwortung in die Hände der nächsten Generation haben sich die Schmidts sieben Jahre Zeit gelassen. Seit der offiziellen Geschäftsübergabe sind die 60-jährige Silke Schmidt und ihr 67-jähriger Mann Arno bei ihrem Sohn angestellt. Sie unterstützen ihn noch tatkräftig und betreuen beispielsweise Stammkunden, die dieses explizit wünschen.
Lust auf Verantwortung
Als Manuel zum 1. Januar 2018 offiziell die Geschäftsführung übernimmt, ist er bereits seit 2011 als angestellter Raumausstattermeister im Betrieb beschäftigt. Nach seiner Ausbildung zum Raumausstatter in einem Einrichtungshaus in Hamburg, in Husum und auf Sylt arbeitete er drei Jahre als Geselle auf der Nordseeinsel und legte 2010 seine Meisterprüfung in Oldenburg ab.
Als klar war, dass die vierte Generation das Familiengeschäft übernimmt, wurde die Fassade renoviert.
2013 – zwei Jahre arbeitet Manuel Schmidt zu diesem Zeitpunkt im elterlichen Betrieb – geht die Familie die nötige Modernisierung an: Der Geschäftsbereich der Raumausstattung wird ausgebaut, die Gebäudefassade umgebaut und modernisiert. Ende 2014 stellt die Familie den Lederwarenhandel ein. Man ist nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber dem Angebot im Internet und größerer Geschäfte. Im darauf folgenden Jahr wird die 60 m² große Ausstellung komplett renoviert und voll und ganz dem Sortiment der Raumausstattung gewidmet.
Gardinen neu im Sortiment
Sohn Manuel schwebt aber mehr vor. Er sieht für den Betrieb noch viel Marktpotenzial. Er baut den Sortimentsbereich Gardinen neu auf. Zwischen 2015 und 2017 beschäftigen die Schmidts eine Auszubildende. Manuel Schmidt stellt 2016 eine Raumausstatterin in Vollzeit ein. Seit 2011 besucht er die Erfa-Gruppe der Coratex, holt sich auch Unterstützung von Unternehmensberater Dieter Perk. „2017 war ich dann schon quasi Geschäftsführer und habe die Dinge entschieden“, erklärt er.
Der Schwung und die Ideen der neuen und vierten Generation der Familie Schmidt wirken sich positiv aus auf die Umsätze: Zwischen 2011, dem Jahr in dem Manuel Schmidt in den Betrieb eingetreten ist, und Ende 2019, wächst der Umsatz von 185.000 auf rund 400.000 EUR.
„Im Sommer 2019 haben wir eine Auszubildende im zweiten Lehrjahr übernommen, weil ihr Betrieb geschlossen wurde und unsere Auftragslage es zulässt“, berichtet Manuel Schmidt. Im August des selben Jahres beginnt eine weitere Auszubildende ihre Lehre bei Schmidt Raum & Ausstattung. 2020 soll die Erweiterung der Werkstatt für Polster- und Näharbeiten abgeschlossen werden und dann doppelt so groß sein wie bisher.
Jochen Lange
Vorbildlicher Generationswechsel des Jahres 2020