Talmon GmbH - Vorbildliche Nachhaltigkeit 2020
Talmon Farbe-Raum-Design, Herrenberg
Umweltfreundlich, das kommt bei Kunden an
Beim Neubau seines Firmengebäudes hat René Talmon den Fokus auf Umweltschutz und Energieeinsparung gesetzt. Das reduziert seine Kosten und gefällt den Kunden. Auch bei der Auswahl seiner Lieferanten und Produkte spielt Nachhaltigkeit eine Rolle. Das passt in die Zeit und hat die Jury begeistert. Sie vergibt den Heimtex-Star 2020 für „Vorbildliche Nachhaltigkeit“ an Talmon Farbe-Raum-Design in Herrenberg.
René Talmon ist zum „Energiesparer des Monats“ gekürt worden. Der Raumausstatter in Herrenberg erhielt den Preis von einer lokalen Umweltinitiative für den nachhaltigen Neubau seines Geschäftsgebäudes. Über das durchdachte Energiekonzept hat die örtliche Zeitung im Landkreis Böblingen ausführlich berichtet – mit durchschlagendem Werbeeffekt. „Das finde ich gut. Da kaufe ich ein“, sei ein Neukunde nach der Lektüre des Artikels begeistert auf ihn zugekommen, erzählt der alleinige Inhaber und Geschäftsführer von Talmon Farbe-Raum-Design sichtlich erfreut. Indes ist es nicht nur der sparsame Umgang mit Energie, worauf der Fachhändler Wert legt. Auch im Sortiment werden viele Produkte geführt, die Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen.
Der Farbenmarkt hält eine gut sortierte Produktauswahl vor, die auch nach ökologischen Aspekten zusammengestellt wurde.
Zum Jahresumsatz des Innenausstatters, der für 2018 auf rund 1,2 Mio. EUR beziffert wird, tragen Bodenbeläge – textil, elastisch und Parkett – mit 45 % fast die Hälfte bei. Sonnenschutzsysteme erreichen 20 % und bilden zusammen mit Deko- und Gardinenstoffen, Vorhanggarnituren und Schienen (gesamt 15 %) eine gut sortierte Auswahl. Ein Farbenmarkt (15 %) komplettiert das Angebot um Lacke, Lasuren und Wandfarben für den Innen- und Außenbereich. Die restlichen 5 % entfallen auf Tapeten und Wohnaccessoires. Das Objektgeschäft hat am Gesamtvolumen einen Anteil von unter 10 %.
Seit 2002 selbstständig
Den angestammten Raumausstatterbetrieb mit Farben-Einzelhandel übernahm René Talmon 2002 als Pächter von seinem früheren Chef. Zuvor war er dort über 13 Jahre als Geselle tätig. Das Ladengeschäft an einer Durchgangsstraße hatte nur ein kleines Schaufenster und somit wenig Tageslicht. Auch gab es viele Treppen. „Ich fühlte mich in dem alten Gebäude nicht mehr wohl, es war dunkel und die Energiekosten waren erschreckend hoch“, nennt der Unternehmer die Gründe, einen modernen Neubau unweit vom alten Standort zu errichten. Er wurde im Sommer 2018 von der 14-köpfigen Belegschaft bezogen.
Das neue Firmendomizil befindet sich im angrenzenden Gewerbegebiet auf einem 2.600 m² großen Grundstück. Aus dem rechteckigen Baukörper wurde der Schaufensterbereich herausgedreht, um die Präsenz der 600 m² großen Ausstellungsfläche zu erhöhen. Hinter dem offen, großzügig und lichtdurchflutet gestalteten Schauraum liegen auf derselben Ebene Nähatelier, Büro- und Lagerräume. In der schönsten Ecke des Ladengeschäfts – mit Blick auf die Altstadt von Herrenberg – bietet ein kleines Café den Kunden die Möglichkeit, bei Kaffee und Kuchen eine Pause in angenehmer Atmosphäre einzulegen.
„Das Gebäude ist so geplant, dass es jederzeit umfunktioniert werden kann“, will der 52-jährige Inhaber auch für unsichere Zeiten in der Zukunft gewappnet sein. In das gesamte Bauvorhaben habe er 2,3 Mio. EUR investiert. Auch „einiges an Eigenkapital“ sei in diese Summe eingeflossen.
Klare Vorgaben an die Architekten
Bei dem Bau handelt es sich um eine Hybridkonstruktion aus Stahlbetonstützen und hochgedämmten Holzrahmenelementen für die Außenwände. Dicke stabile Holzbalken dienen als Deckenstützen. Hätte man Stahlträger genommen, wäre eine deutlich höhere Anzahl nötig gewesen, die sich auf die offene Produktpräsentation im Verkaufsraum störend ausgewirkt hätte. Eine flexible Ladeneinrichtung erlaubt es dem Fachhändler zudem, Kundenevents durchzuführen.
Das beauftragte Architekturbüro musste als primäre Vorgabe des Bauherrn nicht nur für gut ausgeleuchtete Räume sorgen. Die Hauptforderung war, den Gesamtenergieverbrauchs im Sinne einer nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung zu minimieren. So besteht die Schaufensterfront aus wärmeisolierender Dreifachverglasung und ist Richtung Osten ausgerichtet, um bereits die Frühsonne hereinzulassen. Lichtkuppeln und über 100 energiesparende LED-Lampen an der offenen Holzdecke bringen zudem Helligkeit in die Ausstellung. Das intelligent vernetzte Haus lässt sich per Handy von überall aus steuern. Mit einem Knopfdruck hat der Inhaber mit dem Smart Home-System „Gekko“ die volle Kontrolle, etwa ob das Licht noch brennt oder die Beschattung geschlossen ist.
Strom und Wärme werden selbst erzeugt
Auf dem Flachdach erzeugt eine Fotovoltaikanlage genügend Energie für die gesamte Immobilie; sie reicht auch für die Nähmaschinen und beheizten Bügeltische. An trüben Tagen, wenn die Sonne nicht scheint, dient ein Batteriespeicher als Puffer für den selbst produzierten Solarstrom. Erst wenn dieser leer ist, wird Fremdenergie aus dem öffentlichen Netz angezapft. Die Temperierung der Räume erfolgt über Luft-Wasser-Wärmepumpen und Fußbodenheizung.
Neben der alternativen Strom- und Wärmegewinnung sind eine rundum gute Isolierung Grundlage für eine „ausgezeichnete“ Energiebilanz. „Ich bin überrascht, wie gering jetzt die Kosten sind“, betont René Talmon, dem der achtsame Umgang mit Ressourcen wichtig ist. Woher rührt diese Einstellung ? Er sei in einer Großfamilie mit vielen Geschwistern aufgewachsen und habe gelernt, sparsam zu sein, ist die einfache Antwort.
Für Kunden stehen vor der repräsentativen Schaufensterfront vierzehn Parkplätze zur Verfügung. Eine Ladestation für E-Bike und E-Auto – gespeist vom eigenen Fotovoltaik-Batteriespeicher – ist geplant.
Alle Altersgruppen kaufen bei Talmon ein. Viele kämen auf Empfehlung. Das Haupteinzugsgebiet mit einem Radius von 80 km reicht bis in den Großraum Stuttgart. Durch den Neubau und flankierende Werbemaßnahmen habe man „mindestens 10 % Neukunden“ gewinnen können. Auch der Farbenmarkt fungiert als Frequenzbringer, so dass täglich „durchschnittlich 50 Kunden“ in der Kasse registriert seien. „Wir sind mit dem Zuspruch insgesamt richtig zufrieden“, sagt der Inhaber.
Produkte sollen nachhaltig sein
Der Umweltaspekt spielt auch bei der Gestaltung des Sortiments eine Rolle, das auf den mittleren bis gehobenen Bereich ausgerichtet ist. „Einstiegspreislagen mache ich nicht – dann kann das Produkt nicht funktionieren“, ist Talmon überzeugt. „Wenn ich Billigware gleich wieder entsorgen muss, habe ich unnötig Müll produziert. Das ist nicht nachhaltig.“ Lobend weist er auf Lieferanten hin, die auf Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit bei ihren Produkten setzen, zum Beispiel der Sonnenschutzhersteller MHZ.
Raumausstatter Talmon stellt im Sortiment umweltverträgliche Erzeugnisse besonders heraus, etwa Korkbeläge oder Designböden mit Kalkstein im Trägermaterial.
Auch beim Einkauf will René Talmon wissen, woher die Ware kommt beziehungsweise wo sie gefertigt wird. Er achte auf Prüfzeichen, die die Umweltverträglichkeit der Erzeugnisse ausweisen. Das geht quer durch das gesamte Angebot – von emissionsfreien Verlegeprodukten bis zu biologischen Innenfarben auf Silikatbasis. Da werden auch mal Farbenlieferanten ausgelistet, die es nicht schaffen, zeitnah die Umweltstandards nach EU-Norm zu erfüllen. Im aktuellen Sortiment sind vor allem Caparol und Adler präsent.
Ein „sehr nachhaltiges Produkt, hinter dem ich voll stehe“ sind die PVC-freien Designbeläge von Amorim aus der Kollektion Wise. „Der Belag läuft bei mir richtig gut“. Der Korkboden binde mehr CO₂ als er freisetze und sei damit klimapositiv. Weiterhin gefallen ihm die Cortec Designbeläge von US Floors mit dem Trägermaterial Kalkstein, die zum Teil auch im Ladengeschäft verlegt sind. Bei Teppichboden setzt Talmon auf Vorwerk. Der Hersteller habe die Ware auf Schadstoffe und Allergiefreiheit prüfen lassen. „Damit hat man ein umweltfreundliches Produkt“. Für die Teppiche mit natürlichem Flor aus Kaschmir-Ziegenhaar von Tretford macht er aktuell Plakatwerbung auf einer beleuchteten Werbetafel in Bahnhofsnähe.
Logistik ist ebenfalls ein Thema
Auch im Alltagsgeschäft achtet der Fachhändler darauf, sich umweltgerecht zu verhalten. Lieferanten und Grossisten müssten nicht täglich zustellen oder extra wegen eines einzelnen Artikels kommen. Lieber einmal weniger fahren, um den Verkehr auf der Straße zu verringern, lautet sein Appell. Ebenso sollten die Artikel gut verpackt sind. „Es ist nicht nachhaltig, wenn das Produkt beschädigt ankommt und weggeworfen werden muss.“ Weiterhin plädiert er für eine strenge Mülltrennung, indem Plastikfolie bei der Entsorgung separiert wird, um sie recyceln zu können.
Das Geschäftshaus umgibt eine attraktive Grünanlage mit Blumenbeeten, Sträuchern und Bäumen. Es ist das Werk von René Talmon und seiner Lebensgefährtin Petra Hartberger, die ebenfalls im Fachgeschäft tätig ist und aus einer Gärtnerfamilie stammt. Beide haben einen grünen Daumen und bauen eigene Beeren und diverse Gemüsesorten an, die gemeinsam mit den Mitarbeitern verzehrt werden. Ökologisch ist auch die Bewässerung der Freiflächen konzipiert. Die Pflanzen werden nicht mit kostbarem Trinkwasser gegossen, sondern mit Regenwasser, das in zwei Zisternen gefasst wird.
Petra Lepp-Arnold
Vorbildliche Nachhaltigkeit des Jahres 2020