Brödel GmbH Raumdesign - Sonderpreis „Unternehmerischer Mut“ 2022
Brödel Raumdesign, Pirmasens
Vom Trümmerfeld zum Riesen-Showroom
Als die Stadt Pirmasens Alexander Puth mitteilte, dass sein Bodenbelagsfachgeschäft zeitnah abgerissen werden soll, stand er mit dem Rücken zur Wand. Gemeinsam mit seinem Team, viel Mut und Initiative gelang ihm die „Flucht nach vorn“: In einem ehemaligen Autohaus entstand innerhalb kurzer Zeit eine noch größere, schönere Version von Brödel Raumdesign, die viele neue Kunden anspricht. Die Jury würdigt die Leistung mit dem Heimtex-Star 2022 „Sonderpreis unternehmerischer Mut“.
Es fängt an wie in einem absurden Film: Die Stadt Pirmasens teilt Alexander Puth mit, er möge innerhalb kürzester Zeit sein Fachgeschäft für Bodenbeläge und Innenausbau räumen, das Gebäude würde abgerissen. Inzwischen gehen nebenan schon mal die Arbeiten los; die Mauern des Nachbarhauses stürzen ein, Bagger stehen vor dem Eingang, ein langer Bauzaun wird gezogen. Dahinter: Brödel Raumdesign, für interessierte Kunden so gut wie unauffindbar und kaum zugänglich. Dafür nämlich müsste man sich an der Baustelle entlang ums Haus bis zum Hintereingang vorwagen. Das machen gerade mal die Angestellten des erfolgreichen Unternehmens, die jetzt bei vibrierenden Wänden allein in den Geschäftsräumen sitzen. Kunden trauen sich nicht so weit vor und ahnen angesichts der Baumaßnahmen nicht, dass überhaupt noch geöffnet ist: ein schöner Scheibenkleister. „Keiner ist mehr gekommen, wir hatten enorme Umsatzeinbrüche, es war eine Riesenkatastrophe“, berichtet Puth. „Und wir hatten ohnehin schon Corona. Auf einmal standen wir mit dem Rücken zur Wand.“ Die Stadt versprach Unterstützung ... doch es blieb bei einem Versprechen.
Das Thema Holz und Holzoptik wird bei Brödel Raumdesign großgeschrieben – auch in der Sitzecke.
Bis zu diesem Zeitpunkt im Juni 2020 war Brödel Raumdesign mit seinem hochwertigen Bodenbelags-Vollsortiment und den entsprechenden Handwerksleistungen in der Innenstadt von Pirmasens äußerst erfolgreich. Alexander Puth hatte das alteingesessene, damals kleine Fachhandelsgeschäft mit drei Mitarbeitern vor gut zehn Jahren übernommen und es zu einem Betrieb mit 13 Angestellten ausgebaut. Eigentlich suchte er schon seit sieben Jahren nach einem größeren Objekt, war aber noch nicht fündig geworden. Jetzt, wo die Abrissbirne bedrohlich in Richtung Brödel schwang, musste es einfach klappen – und es klappte auch.
Glücksfall leerstehendes Autohaus
„Es war wirklich ein glücklicher Zufall“, berichtet Puth. „Außerhalb des Stadtkerns von Pirmasens, direkt an der gut befahrenen Blocksbergstraße, stand ein Autohaus leer. Die Betreiber hatten gerade neu gebaut, und der Besitzer der Immobilie wollte wieder vermieten. Da habe ich ihn angerufen und gefragt, ob er auch verkaufen würde, weil ich mir etwas Eigenes gewünscht habe. Wir haben uns zusammengesetzt, waren uns direkt sympathisch und haben uns unkompliziert per Handschlag geeinigt.“
Dann sind Puth und sein Team voll durchgestartet, haben den neuen Standort umgebaut und parallel am alten so lange verkauft und beraten, wie es eben ging. „Zunächst haben wir in der Blocksbergstraße das Lager eingerichtet, weil das am schnellsten und einfachsten funktionierte. Das Material für unsere Objekte konnten die Handwerker also schon hier abholen.“ Das bot sich auch an, weil es am eher engen ehemaligen Standort mitten in Pirmasens vor lauter Baustelle keine Möglichkeit mehr gab, mit einem Transporter vorzufahren und Ware zu verladen.
Zügiger Umzug dank starkem Team
Den 500 m2 großen neuen Laden als Bodenbelags-Showroom auszustatten, ging nicht ganz so flott. „Es war nicht leicht, an Handwerker zu kommen; wir haben viel in Eigenleistung samstags und sonntags machen müssen“, so Puth. Tatkräftige und moralische Unterstützung erhielt er durch seine Mitarbeiter. „Alle haben mitgemacht und voll hinter mir gestanden. Ich bin enorm froh, dass ich sie habe, denn ohne ein starkes Team funktioniert es nicht.“
Nicht nur das Team hat Puth unterstützt, auch die Bank war beim Kauf des neuen Standortes mit einem Kredit an seiner Seite, ebenso seine Lieferanten aus der Industrie. Darunter Andreas Nikiel von Beauflor, der Brödel für den Heimtex-Star vorgeschlagen hatte: „Nach allem, was passiert ist, stand Alexander Puth vor dem Nichts“, erklärt der Business Development Manager D/A/CH. „Sich da herauszuarbeiten und auch noch zu vergrößern – das erfordert enormes Engagement und großen Mut. Und ich finde, man muss als Industrie die Weitsicht haben, so jemanden zum richtigen Zeitpunkt zu unterstützen.“
Das hat sich voll gelohnt: Seit Ende Oktober bedienen Alexander Puth und sein Team die Kunden im großen, neuen, geschmackvoll gestalteten Fachgeschäft in der Blocksbergstraße. Innen zeigt Brödel auf über 500 m2 Ausstellungsfläche mehr als 1.500 Bodenbelags- und Fliesenmuster mit eindrucksvollen Verlegebeispielen am Boden, auch Türen sind im Programm; draußen gibt es auf rund 250 m2 Fläche Fliesen zu sehen. Mit Abstand am stärksten nachgefragt: Designbeläge. Gegen Beratungsklau mit anschließendem Kauf der gleichen Ware im Internet wappnet sich Puth durch Eigenmarken, die es dem Kunden erschweren, das Angebot zu vergleichen.
Wohlfühlen sollen sich auch die Kleinen
Durch die große Fensterfront fällt viel Tageslicht in den Verkaufsraum. Und selbst wenn es im Herbst und Winter früh dunkel wird, gibt es innen bis zum Ladenschluss das richtige Licht – dank der LED-Deckenbeleuchtung. Holzmöbel und -elemente sowie eine sehr offene, großzügige Gestaltung verbreiten Wohlfühlatmosphäre. Konkret wohlfühlen können sich Kinder in der Spielecke und Erwachsene an der Kaffeebar, an der sich Wartezeiten überbrücken und Beratungsgespräche führen lassen, ganz in Ruhe. Gern und häufig beraten Puth und sein Team die Kunden aber auch vor Ort.
Der Fachhändler bietet in Sachen Bodenbelägen das volle Spektrum inklusive Handwerksleistungen: Drei Bodenleger, drei Fliesenleger und zwei Schreiner arbeiten fest für Brödel und verlegen Böden oder installieren Türen. In privaten Wohnräumen ebenso wie in kleineren und größeren Objekten wie etwa bei Mercedes Benz in Pirmasens. Allerdings ist es Puth wichtig, immer für kleinere private Aufträge ansprechbar zu sein: „Damit sind wir schließlich groß geworden.“ Auch Reparaturen schiebt er gern ein: „Das macht heute kaum einer mehr – aber es sorgt für hohe Kundenzufriedenheit und eben auch dafür, dass die Leute beim nächsten Auftrag wieder auf uns zukommen oder uns weiterempfehlen.“
Das Angebot nach und nach erweitern
Brödel Raumdesign hat seinen Ursprung im Holzfachhandel und ist hauptsächlich auf Bodenbeläge und Türen spezialisiert. Am neuen Standort will Alexander Puth das Angebot nach und nach erweitern und sich damit auch in Richtung Wand bewegen: Neu ist eine Auswahl an Tapeten; Wandfarben sind ebenfalls hinzugekommen und werden gut angenommen. Wer nicht selbst kleben oder rollen will, kann auch hier die entsprechende Dienstleistung dazubuchen. „Da arbeiten wir jetzt mit zuverlässigen Malerfirmen zusammen, sodass wir das ganze Paket anbieten können.“ Zukünftig sollen Dekoartikel das Sortiment sinnvoll ergänzen. Schon jetzt verkauft Brödel Accessoires von Kunsthandwerkern aus der Region: Weinflaschenständer oder Schneidebretter aus Holz etwa – und Wein mit Brödel-Logo auf dem Etikett. Selbst der Weinhändler, über den Puth die Flaschen bezieht, bietet ihn mit Brödel-Logo an.
Auf über 500 m2 Ausstellungsfläche zeigt Brödel Raumdesign neben Bodenbelags- und Fliesenmustern auch eindrucksvolle Verlegebeispiele am Boden.
Das Logo, ein halber, wie mit einem dicken Pinsel gemalter Tannenbaum, hat Puth nach Übernahme des Unternehmens entworfen. Auch an der neuen Außenfassade ist er zu sehen: Gebäudehoch leuchtet er grün den Autofahrern entgegen. Das fällt auf und sorgt für neue Kundschaft: „Hier an der Hauptstraße sitzen wir ja wirklich auf dem Präsentierteller; wer aus der Stadt kommt, sieht uns sofort.“ Während Brödel in der Innenstadt Laufkundschaft hatte, hat das Unternehmen hier „Fahrkundschaft“ – und einen entsprechend großen Parkplatz. Allein aus dem umliegenden Industriegebiet kämen viele neue Aufträge, etwa für Büros und Konferenzräume. Drei neue Mitarbeiter hat Puth deswegen eingestellt. Dass es Brödel in der Blocksbergstraße gibt, erfahren Kunden außerdem durch Mundpropaganda, durch das Internet, durch Anzeigen in Zeitschriften – oder durch die auffälligen Lieferfahrzeuge, die das Brödel-Team in Superhelden-Outfits zeigen: Humor kann Brödel auch.
„Hier draußen kommen natürlich weniger spontane Besucher vorbei als früher im Stadtkern; wir werden eher gezielt angesteuert“, so Puth. „Dafür haben diejenigen, die kommen, auch ein konkretes Anliegen. Und wenn sich hier jemand ausführlich beraten lässt, entsteht daraus in den allermeisten Fällen ein Auftrag.“
Nach einem Riesenschock und einer sehr arbeitsintensiven Zeit im letzten Jahr gab es für Puth und sein Team also ein Happy End. Und sein großer unternehmerischer Mut hat den Weg dorthin bereitet.
Meike Stewen
Sonderpreis „Unternehmerischer Mut“ des Jahres 2022