Aloys Wissing KG - Vorbildlicher Generationswechsel 2024


Aloys Wissing, Münster

Generationswechsel Nr. 3

Mit Generationswechseln haben sie bei Aloys Wissing in Münster Erfahrung. Der Raumausstatterbetrieb wird im 99. Jahr seines Bestehens von Alexander Wissing in vierter Generation geführt. Die Verbindung von Tradition und Innovation ist vorbildlich, sagt die Jury und verleiht den Heimtex Star 2024.

Tradition wird groß geschrieben bei Wissing: Ihr Raumausstatter. Das wird schon im Eingangsbereich klar. Gleich neben der Tür hängt ein Foto von Namensgeber Aloys Wissing, der 1925 in Münster die Firma Fischer & Hüttich erwarb, ein Fachgeschäft für Farben und Tapeten. 1934 siedelte das Familienunternehmen in neue Geschäftsräume in der Hammer Straße 94-96 um und residiert hier bis heute. Auf Aloys Wissing folgte 1958 sein Sohn Hans und 1989 übernahm wiederum dessen Sohn Andreas die Leitung. 2015 trat mit Alexander Wissing die vierte Generation in den Betrieb ein – und trägt seit gut einem Jahr die alleinige Verantwortung.

Vertrauen, Fleiß und Zusammenhalt als zentrale Werte

Dieser Generationswechsel sei genauso harmonisch abgelaufen wie vorher schon vom Urgroßvater auf den Großvater und dann auf den Vater des heutigen Inhabers. Senior An­dreas Wissing führt das auf seine persönlichen Erfahrungen zurück: „Mein Vater wollte, dass ich den Betrieb übernehme, er konnte sehr gut loslassen. Wir haben uns immer gut ver­standen, verstehen uns auch heute noch gut. Er vertraute mir und sagte, ich komme nur noch auf Betteln und Flehen.“ Für die Nachfolge wurde ein genauer Plan geschmiedet. Ein neutraler Unternehmensberater erörterte die wirtschaftlichen Rahmenbedienungen, aus denen die Rechte und Pflichten aller Parteien hervor gingen. Dabei konnten sich Vater und Sohn auf eins verlassen: „Vertrauen, Fleiß und Zusammenhalt sind Werte, die das Zusammen­leben unserer Familie seit jeher bestimmen und prägen, so auch das Verhältnis von mir zu meinen Eltern und meinen zwei Brüdern“, erzählt An­dreas Wissing. Schon am Tag der Übergabe zog sich sein Vater ruhigen Gewissens aus seiner Unternehmenstätigkeit zurück.


Auf die Übergabe an die vierte Generation hat sich Andreas Wissing lange vorbereitet. Schon vor der Geburt von Alexander Wissings jüngerem Bruder machten er und seine Frau sich Gedanken über die Zukunft. Ihnen war klar: „Loslassen zur richtigen Zeit ist wichtig und notwendig. Denn es geht ja nicht nur um mich oder um meinen Sohn, sondern um die Zukunft des Betriebs.“

Auf Umwegen in den Betrieb

Dabei war nicht einmal sicher, dass diese Zukunft in den Händen von Sohn Alexander liegen würde. Ihm wurden vom Vater viele Freiräume eingeräumt. Zwar war er schon als Kind vor der Schule im Laden, machte hier seine Hausaufgaben, half gern mit als Ferien­job. „Die Affinität war bei mir von Anfang an da“, äußert der 30-Jährige heute rückblickend. Aber nach dem Abitur studierte er zunächst drei Semester technisches Management und Marketing, entschloss sich dann, eine zweijährige Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei Jab Anstoetz zu absolvieren, und hängte schließlich noch drei Semester Physikstudium an mit dem Gedanken, in die Unternehmensberatung einzusteigen. Doch seine Pläne änderten sich: Zwar hat er auch zu Zahlen eine Affinität, „jedoch nicht so stark, dass ich meinen Lebensweg damit bestreiten will.“

Seinem Ausbildungsbetrieb sieht er sich heute noch zu Dank verpflichtet: „Jab Anstoetz hat mir eine exzellente Ausbildung geboten und ein tiefgreifendes Verständnis für Textilien und Muster gegeben“, betont der neue Chef. Der Bielefelder Textilverlag hat der Firma Wissing auch beim Umbau ihres Geschäfts tatkräftig unter die Arme gegriffen. 2022 wurden die Geschäftsräume modernisiert und umgestaltet, das im Laufe der Jahre schon um Fensterdekorationen, textile und elastische Bodenbeläge, Teppiche, Kissen, Bettwäsche, Frottierwaren, Plaids und Sonnenschutz erweiterte Sortiment mit Polstermöbeln der Bielefelder Werkstätten aus der Jab Anstoetz Gruppe ergänzt. Gardinen bilden heute mit 35 % Umsatzanteil den Schwerpunkt bei Wissing, gefolgt von Boden­belägen und Sonnenschutz mit jeweils 25 %. Auf Polsterarbeiten entfallen weitere 10 % und auf Tapeten noch 5 %. Dreiviertel der Kunden sind private Auftraggeber, das Objekt­geschäft hat einen deutlich geringeren Umfang.

Erste Veränderungen sind gemacht

Seit dem 1. Januar 2023 führt Alexander Wissing den Familienbetrieb mit viel Leidenschaft, berichtet sein Vater. Der Senior arbeitet nur noch vier Tagen die Woche; in zwei Jahren, an seinem 65. Geburtstag, werde er in den Ruhestand gehen. Sein Sohn und er ergänzten sich insofern sehr gut, als dass Inno­vationen mit alter Tradition neu erfunden werden können. Die ersten Veränderungen im Unternehmen war die Modernisierung von EDV und Internetauftritt. Auf der Webseite gibt es nun ein virtuelle Tour durch das Geschäft.


„Wissing, Wohnen, Wohlfühlen“ lautet das Credo der Firma, das mit den richtigen Produkten, exzellenter Beratung und gutem Service mit Leben erfüllt wird. „Wir haben einen schönen Beruf, wir arbeiten viel, das ist nun mal so im Einzelhandel“, erzählt Andreas Wissing. Er könne sich an keinen Tag erinnern, an dem er ungern zur Arbeit gegangen sei, bekräftigt der 63-Jährige. Unterstützt werden er und sein Sohn von Ehefrau beziehungs­weise Mutter Petra Wissing im Büro, eine Näherin, einer Verkäuferin und zwei Raumausstattern im Außendienst.

Dass er und sein Sohn für den Generationswechsel mit dem Heimtex Star ausgezeichnet werden, sieht Andreas Wissing „vor allem als eine Bestätigung dafür, dass ich alles richtig gemacht habe. Und ich hoffe, mein Beispiel dient als Motivation für andere, die in der­selben Situation sind. Man darf nicht nur sich selber, sondern muss das große Ganze sehen: den Nachfolger, das Unternehmen. Und wenn es mir gelingt, dass auch andere diese Perspektive sehen, das unkompliziert weiter zu geben, dann würde ich mich freuen.“

Marina Friedt

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