U. Leibbrand GmbH - Vorbildlicher Arbeitgeber 2024
U. Leibbrand, Schorndorf
Miteinander statt Mikromanagement
Das Wort dynamisch beschreibt die Entwicklung der Firma U. Leibbrand nur unzureichend. Seit 1992 hat der Inhaber Frank Krämer das Portfolio deutlich erweitert. Ohne die Belegschaft wäre das nicht möglich gewesen; die Unternehmenskultur ist auf Vertrauen und Zusammenarbeit ausgerichtet. Als Vorbildlicher Arbeitgeber erhält das Unternehmen den Heimtex Star 2024.
Die Geschichte der U. Leibbrand GmbH ist mit dem Attribut „dynamisch“ nur unzureichend beschrieben. Seit der heutige Geschäftsführer und Inhaber Frank Krämer nach seiner Ausbildung im Betrieb und anschließender Meisterprüfung zum 1. Januar 1992 übernommen hat, sind die damals angebotenen Maler- und Lackiererleistungen das Einzige, was gleichgeblieben ist.
„Ja“, sagt der Chef, „das war mal ein normaler Malerbetrieb.“ Es klingt, als müsste sich Frank Krämer gelegentlich selbst den Weg vergegenwärtigen, den er als Unternehmer zurückgelegt hat. Und doch würde er hier vermutlich schon das erste Mal widersprechen.
„Meine Frau Susanne ist mit im Unternehmen. Sie hat ein feines Gespür für die Schwingungen im Team und kümmert sich viel um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und 2006 hatte ich das Glück, Thomas Mürdter, der in den Anfangsjahren unser Bankberater war, als kaufmännischen Leiter und zweiten Geschäftsführer zu gewinnen. Wir hatten schon ein super Verhältnis, ehe er zu uns wechselte.“ Schon klar, die Reise der Firma Leibbrand soll nicht wie ein Solotrip aussehen – und hat dennoch viel zu tun mit dem, was Krämer in sechs Worten beschreibt: „Ich bin immer auf der Suche.“
Der Reihe nach. Im Anschluss ans Abitur entschließt sich der Selfmademan, der immer schon Sympathien fürs Handwerk hat, dazu, eine solide Ausbildung als Maler und Lackierer zu machen, um dann später den Meister draufzusatteln. Er versteht sich gut mit dem damaligen Chef, der Respekt für dessen Arbeit ist immer noch spürbar. „Er hat auch schon die Augen offen gehalten“, konstatiert der heutige Inhaber.
Am Kundenbedarf orientiert
Tatsache ist, dass bei Leibbrand kaum ein Stein auf dem anderen bleibt. Heute gehören zum Portfolio des aus einem reinen Malerbetrieb hervorgegangenen „Komplettanbieters im Handwerk“ Maler und Lackierer, Stuckateure und Trockenbauer, Raumausstatter und Bodenleger, Innenausbauer und Schreiner, ein Farbenmarkt und mit der Firma Betec eigene Spezialisten für fugenlose Bodenbeschichtung, Beton- und Balkonsanierung. Steckt dahinter ein Masterplan, mit dem Umsatz und Beschäftigtenzahl (aktuell 107) in Hinblick auf definierte Planungszeiträume nach oben skaliert worden wären ?
Loungecharakter statt Kantine – im neuen Mitarbeiterbereich sollen sich die Angestellten wohl fühlen.
„Es war eigentlich eher so, dass ich mich nahe am Kundenbedarf orientiert habe all die Jahre“, sagt Krämer. Es komme häufig vor, dass in privaten Sanierungsvorhaben der Altersgruppe 55+ eben zunächst das nicht mehr benötigte Kinderzimmer umgestaltet werden solle, ehe dann auch der Wunsch nach neuem Bad und modernerer Küche laut werde: „Und am Ende fällt den Auftraggebern auf, dass sie eigentlich auch die Wand im Wohnzimmer immer schon mal rausreißen wollten.“
Um zu wachsen, muss man loslassen können
Für die Projekte wurde immer mal wieder mit Raumausstattern oder Schreinern zusammengearbeitet. Allein, und das nimmt man dem Mann im Rollkragenpulli sofort ab, es sei eben nicht einfach, Partner zu finden, die mit der gleichen Leidenschaft eine solche Kooperation lebten. „Wenn wir was hatten, hatte der andere Betrieb keine Zeit – irgendwann denkst Du dir, es ist vielleicht doch besser, wenn ich es selbst mache.“
Der Weg zur Differenzierung – wie sie so konsequent nur ganz Wenige umgesetzt haben dürften – führt über ein Paradoxon. Denn wenn man vieles in die eigene Firma integriert, kann man automatisch nicht mehr alles selbst in der Hand behalten. „Am Anfang ist das schwierig“, gestattet der Unternehmer einen kleinen Einblick: „Es erfordert, loszulassen, anderen zu vertrauen – und die Enttäuschungen, vor denen Du Angst hast, genau diese Enttäuschungen kommen auch.“ Technikaffine Stuckateure und Ästhetik-verliebte Maler passen nicht auf Anhieb unter den berühmten Hut.
Lösungsorientiertes Betriebsklima geschaffen
Aber den hat Frank Krämer den Menschen um sich herum nie übergestülpt. „Wir haben Meistergruppen gebildet. Hierbei handelt es sich um Malermeister, Stuckateurmeister, Raumausstatter- und Bodenlegermeister sowie Schreinermeister. Jede Meistergruppe besteht aus fünf bis 15 Mitarbeitern. Die Meister sind für ihre Teams verantwortlich, sie sprechen mit ihren Kunden und organisieren sich selbst.“ Zu Beginn des Jahres werden gemeinsam Umsatzziele geplant, und natürlich sei er bei Bedarf jederzeit ansprechbar, besuche auch mal eine Baustelle, lasse aber sonst die Meister, die wie Selbstständige agierten, ihre Bereiche entsprechend führen.
Ungeachtet dessen ist es dem Inhaber wichtig, dass es im Betrieb auch ein Miteinander gibt. Dazu diene ein institutionalisierter Austausch – aber vor allem das, was gemeinhin als Unternehmenskultur umschrieben wird: „Wir sind da heute so weit, dass sich die Meister untereinander offen austauschen, wer vielleicht Kapazitäten hat und dem Kollegen aushelfen kann oder wer kurzfristig Unterstützung benötigt.“ Wenn nicht Top-Down Mikromanagement und Kontrollwahn vorgelebt werden, entwickele sich ein sehr lösungsorientiertes Betriebsklima, das die Kunden spüren und dem Unternehmen nachhaltig zugute kommt.
Das geht aber nicht von alleine. „Bei uns arbeiten, wie überall, viele Menschen mit Migrationshintergrund“, sagt der Geschäftsführer – und will das explizit nur als Beispiel verstanden wissen. „Da bin ich als Arbeitgeber schon auch in anderer Hinsicht gefragt, als nur darauf zu achten, dass alle pünktlich zum Dienst erscheinen.“ Will sagen: Den Menschen, die zunächst meist in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, bei der Wohnungssuche behilflich sein, sie auf dem Weg zur Gesellenprüfung unterstützen und bei Bedarf auch mal psychologische Unterstützung – „da bekommen wir schneller einen Termin“–, wenn sie die Ereignisse der Vergangenheit einholen – alles das schließt der Wertekanon bei Leibbrand ein. Frank Krämer sieht das so: „Wenn sich immer weniger Menschen für einen Beruf im Handwerk begeistern, dann müssen wir anders mit ihnen umgehen. Für manche Kollegen ist es heute schon schwieriger, Mitarbeiter zu finden als Kunden.“
Viel mehr als nur „Sozialräume“
Wohlfühlen sollen sich die Beschäftigten auch im Unternehmen selbst. „Bei uns stand die Erneuerung des Mitarbeiterbereichs an, wo sich unsere Angestellten duschen, umziehen, aber wo sie auch ihre Pause verbringen können. Was wir hier gemacht haben, erinnert eher an luxuriöse Hotelzimmer als an das, was man früher unter dem Begriff ,Sozialräume‘ verstand.“ Küche, Sanitärbereich mit Walk in-Duschen, Wohnmöblierung – alles stammt aus der Planung der hauseigenen Diplom-Designerin Imma Gall, die ansonsten mit ihrer Kollegin Sarah Boudiaf, einer Interior-Designerin, Planungs- und auch Visualisierungsleistungen für die Leibbrand-Kunden erbringt.
Im baden-württembergischen Schorndorf hat die 1923 als „Süddeutsche Brokatmalerei“ gegründete Firma U. Leibbrand ihren Sitz.
„Im Essbereich gibt es neu einen gemeinsamen Mittagstisch, für den meine Frau das Essen zubereitet“, erzählt Krämer, der von selbst auf Wolfgang Grupp und seine Firma Trigema zu sprechen kommt: Der Unternehmer vom alten Schlag polarisiere zwar, verkörpere jedoch zugleich Werte, die sich keineswegs nur in Euro und Cent bemessen ließen. „Natürlich wollen wir Geld verdienen“, meint Frank Krämer, „sonst geht es nicht. Aber das alleine kann nicht das Ziel sein.“
Krämer hat als 25-Jähriger die Firma U. Leibbrand als damals klassischen Malerbetrieb erworben. Das Unternehmen hat zahlreiche, teils gewerkspezifische, teils die Ausbildungsleistung betreffende Auszeichnungen, Ehrungen und Preise verliehen bekommen. Vielleicht kein Zufall, dass mit Gianni Krämer der Sohn von Susanne und Frank Krämer nach Meisterprüfung und BWL-Studium bereits im Unternehmen tätig ist und für die Tochterfirma Betec als Projektleiter fungiert. Werte sind so wenig austauschbar wie Menschen.
Reinhold Kober
Vorbildlicher Arbeitgeber des Jahres 2024