Raumausstattung Katja Schulze - Vorbildliche Übernahme 2012
Katja Schulze Raumausstattung, Loxstedt
Vorbildliche Übernahme
Schlechtes Betriebsklima war schuld daran, dass Katja Schulze den Sprung in die Selbstständigkeit wagte. Sie eröffnete im Mai 2011 in Loxstedt einen modernen Raumausstatterfachbetrieb, der aus einem traditionsreichen Dekorationsgeschäft mit Schwerpunkt Gardine entstanden war. Innerhalb kürzester Zeit gelang es ihr, mit viel Engagement, Leidenschaft und einem freundlichen Team sowie der Unterstützung des Südbunds ein dickes Umsatzplus zu erwirtschaften. Für die „Vorbildliche Übernahme“ hat die 33-jährige Raumausstattermeisterin nach Ansicht der Jury den Heimtex Star 2012 verdient.
Katja Schulze kann es nicht fassen. Bereits sieben Monate nach dem mutigen Schritt in die Selbstständigkeit erklimmt ihr Umsatz Höhen, die ihr Vorgänger erst nach einem kompletten Geschäftsjahr erreichte und die weit über dem im Businessplan gesteckten Ziel liegt. „Ich bin viel zu schnell ganz groß geworden“, sagt die 33-Jährige. Der rasante Aufschwung ihres im Mai 2011 eröffneten Raumausstatterbetriebs in Loxstedt, den sie von Klaus Pelz übernommen hat, wird ihr ein wenig unheimlich. „Ich habe Angst, dass der Erfolg abreißt", beschreibt die Jungunternehmerin ihre Sorgen. Doch die Ängste sind unbegründet; der Laden brummt. Die Auftragslage ist so gut, dass Katja Schulze ihr Personal erst kürzlich auf nunmehr vier Mitarbeiter aufstocken musste. Und sie hat Spaß an der Arbeit: Das wirkt sich positiv aufs Team aus, und das spüren auch die Kunden.
Katja Schulze absolvierte in kürzester Zeit ihre Ausbildung zur Meisterin, bevor sie ihren Raumausstatterfachbetrieb eröffnete.
Damit dürfte die Erfolgswelle weiter anhalten. Zumal Katja Schulze auch über die nötige Erfahrung verfügt. Schließlich war sie zehn Jahre lang als Raumausstatterin fest angestellt. Diesen Status gab sie auf, weil das Betriebsklima unerträglich war und ihr die Selbstständigkeit als einzige Alternative erschien. Einen Übernahmekandidaten hatte sie bereits im Visier: den Laden von Klaus Pelz. Also rief sie den langjährigen Inhaber an und fragte ihn, ob er ihr sein Geschäft übergeben würde. Der sagte Ja und ist nun Außendienstmitarbeiter im neuen Team. Auf die Neueröffnung hatte sich Katja Schulze intensiv vorbereitet. Sie absolvierte im Schnellverfahren nicht nur die Meisterprüfung, sondern tüfftelte auch einen detaillierten, für die Banker überzeugenden Businessplan aus.
Damit war ihr ein Existenzgründungskredit sicher. In die Modernisierung des traditionsreichen Dekorationsgeschäfts Pelz, das vor allem Betten und Gardinen verkaufte, inves‑
tierte die junge Chefin rund 113.000 EUR. „Mein Vater hat mir geholfen. Wir haben viel Eigenleistung erbracht“, betont sie.
Die Arbeit hat sich gelohnt. Das neue Raumausstattungsgeschäft bietet auf 120 m² Fläche in einem hellen und freundlichen Verkaufsraum Bodenbeläge, Tapeten, Gardinen und Sonnenschutz. Insgesamt können die Kunden unter rund 14.000 Mustern vor Ort wählen, über den Südbund werden weitere Muster besorgt. Dazu kommen Lampen, Vasen und Dekorationen für ganzheitliche Einrichtungsvorschläge. Eine Polsterwerkstatt ist angeschlossen, weitere Handwerksarbeiten werden von befreundeten Unternehmen erledigt – bis auf das Bodenlegen. „Das ist mein Steckenpferd“, sagt die Geschäftsinhaberin. Damit sei sie in nächster Zeit gut ausgelastet. Dennoch dürfe die Beratung nicht zu kurz kommen, die sei das A und O des Raumausstatters. „Einrichtung ist ein sehr emotionales Thema, dafür muss man sich viel Zeit nehmen“, weiß Schulze, die sich auch mit Feng Shui auskennt. Sie und ihr Team beraten sowohl im Laden als auch vor Ort. „Man achtet auf das Alter und die Kleidung des Kunden, begutachtet auch insgesamt seine Wohnung, um seinen Geschmack kennenzulernen“, erläutert die 33-Jährige. Die Einrichtung müsse authentisch sein, zum jeweiligen Typ passen. Ganz wichtig sei außerdem, auf die Pflegeeigenschaften zu achten – zum Beispiel darauf, ob die Gardine waschbar ist. „Auf Wunsch holen wir Gardinen sogar ab und bringen sie zur Wäscherei.“
Im Fokus der Kunden stünden derzeit konventionelle, langlebige Einrichtungen, obwohl die Mode einem immer schnelleren Wechsel unterlegen sei. „Als Berater muss man diesen Trendwechsel beachten“, ist Schulze überzeugt. Eine komplette Renovierung sei aber gar nicht nötig, um auf der Höhe der Zeit zu sein. Schon durch Kleinigkeiten wie pfiffige Lampen oder Kissen in Trendfarben könne man eine Wohnung wirkungsvoll umgestalten.
Zielgruppe von Katja Schulze ist der Kunde mit gehobenem Anspruch, der eine ganzheitliche Einrichtung wünscht. Aber auch jüngere Leute seien herzlich willkommen. Für sie hat die Raumausstattermeisterin ein Preiseinstiegsprogramm parat. Es soll junge Kunden mit wenig Geld binden und sie dazu animieren, auch später eine komplette Renovierung in Auftrag zu geben, wenn das Einkommen höher ist. Eine weitere Maxime lautet: Dem Kunden darf nichts aufgeschwatzt werden. „Ich muss nicht verkaufen, ich kann. Das ist die Freiheit der Selbstständigkeit“, meint Schulze. Derzeit konzentriert sie sich auf das Privatkundengeschäft, doch plant sie auch, in das Objektgeschäft einzusteigen.
Liebevoll zusammengestellte Dekorationen geben dem Kunden Anregungen für seine Einrichtung.
Nach Auffassung der Unternehmerin kommt es aber sowohl im Privat- als auch Objektbereich darauf an, immer wieder frische Ideen zu entwickeln und Freude am Experimentieren zu haben. „Wir probieren ständig etwas Neues aus“, sagt sie. So seien unter anderem Seidenschals mit Lederschlaufen entstanden. Die Kreativität habe auch die anfänglich schlecht laufende Polsterei beflügelt. „Wir haben einfach ein Sofa nach draußen gestellt, den Stoff heruntergenommen und es wieder neu gepolstert.“ Dadurch seien viele Passanten auf das Fachgeschäft aufmerksam geworden, die Polsterei laufe inzwischen hervorragend.
Basis des gut gehenden Ladens ist nach Katja Schulzes Ansicht ein zufriedenes und freundliches Team mit positiver Ausstrahlung. Der Zustrom gibt ihr recht. Denn die Kunden stammen nicht allein aus Loxstedt, sondern aus einem 50 km weiten Radius rund um die zentral gelegene Stadt zwischen Cuxhaven, Bremen, Bremervörde und Nordenham. „Sogar aus Hamburg waren schon welche hier“, sagt Schulze und freut sich über diese Anerkennung. Es spreche sich schnell herum, was sie und ihre Mitarbeiter leisteten. Besonders stolz ist die Raumausstatterin darauf, dass 40 % der Kunden aus der Kartei ihres ehemaligen Arbeitgebers stammten und ihr gefolgt seien. „Die Kunden kaufen nicht im Laden, sondern bei einer Person.“ Dabei spielt der Preis nach Schulzes Erkenntnissen eine untergeordnete Rolle. „Wir geben deshalb keinem Prozente; unsere Preise sind sehr gut kalkuliert.“ Allerdings ruft das Fachgeschäft in unregelmäßigen Abständen verschiedene Aktionen aus. So gab es in der Vorweihnachtszeit bei Einkäufen einen Tannenbaum gratis.
Das Konzept der jungen, engagierten Unternehmerin scheint aufzugehen. Wer ebenfalls an einer Geschäftsübernahme interessiert ist, dem rät sie zu einer intensiven und durchdachten Vorbereitung. „Es gibt wohl keinen Berater, bei dem ich nicht war.“ Unermüdlich habe sie Handwerkskammern, Banker und Wirtschaftssenioren um Rat gefragt, wie eine Erfolg versprechende Planung aussehen könne. Erst nach deren Erarbeitung sei sie sicher gewesen, als selbstständige Raumausstatterin bestehen zu können. „Oft wird in die Vorbereitung nicht viel Leidenschaft gesteckt“, weiß Schulze. Das sei eine schlechte Basis für eine Neugründung.
Aber nicht nur vor der Eröffnungsphase sei Einsatz gefragt. Katja Schulze setzt nach wie vor auf Engagement. Sie besucht Messen und Möbelhäuser, blättert unzählige Kataloge durch, um sich Anregungen zu holen. Darüber hinaus rührt sie fleißig die Werbetrommel für ihr Unternehmen. In einer dicken Mappe stellt sie es in Wort und Bild vor und beschreibt den Leistungsumfang ihres Teams. Die Mappe überreicht die Geschäftsinhaberin Bauherren, um sie in der Einrichtungsphase neugierig auf ihren Laden zu machen. „So eine Mappe strahlt Wertigkeit aus“, findet sie und stellt damit einmal mehr ihren Ideenreichtum unter Beweis.
Vorbildliche Übernahme des Jahres 2012