Raumausstattung Kaufmann GmbH - Vorbildlicher Generationswechsel 2013
Raumausstattung Kaufmann, Weimar
Betriebsübergabe Schritt für Schritt
Die Übergabe eines Handwerksbetriebes an die nächste Generation ist oft eine heikle Angelegenheit. Man muss los lassen können und Vertrauen haben in die Fähigkeiten des Nachwuchses. Bei Bernd Kaufmann ist beides der Fall. Frühzeitig hat er sich mit dem Thema auseinander gesetzt, den Stabwechsel an seine beiden Söhne vorbereitet und setzt ihn nun über einen längeren Zeitraum um. Unterstützt wurde er dabei von der Coratex und deren Best-Ager-Gruppe. Weil eine solche Strategie noch immer eher die Ausnahme als die Regel ist, waren sich Kooperation und Jury einig: Der Heimtex Star für den „Vorbildlichen Generationswechsel“ geht 2013 an Raumausstattung Kaufmann in Weimar.
Noch hat die Raumausstattung Kaufmann drei Geschäftsführende Gesellschafter, aber die Betriebsübergabe von Bernd Kaufmann (52) an seine beiden Söhne Daniel (26) und Oliver (25) ist in vollem Gange. Womit schon deutlich wird, dass es sich in diesem Fall um einen längeren Prozess handelt und nicht um die Übergabe der Ladenschlüssel an einem bestimmten Tag. Denn der Senior hat sich viele Gedanken darüber gemacht, wie der Generationswechsel in seiner Firma ohne große Brüche vonstatten gehen könnte.
Mit Mitte 50 die Verantwortung abgeben, aber nicht mit dem Arbeiten aufhören – das ist der Plan von Bernd Kaufmann. Er möchte seinen Söhnen bereits in jungen Jahren die Chance geben, den Familienbetrieb nach ihren Ideen weiter zu entwickeln. Dabei können sie sich jederzeit auf die Beratung und Mitarbeit ihres Vaters verlassen.
Das gesamte Sortiment ansprechend auf etwa 70 m² Ladenfläche unterzubringen, ist eine Herausforderung. Bei Kaufmann hat man sie gemeistert.
Unterstützung fand Kaufmann bei seinem Steuerberater und seiner Verbundgruppe Coratex. Gemeinsam wurde eine Strategie für die Übergabe entwickelt. Vorschläge zur Umsetzung erhielt der Raumausstatter auch von den Kollegen aus der Best-Ager-Gruppe der Coratex, in der er seine Situation vorgestellt hatte.
Ein wichtiger formaler Aspekt war die Umwandlung des Betriebes in eine GmbH. Jetzt kann Bernd Kaufmann seine Geschäftsanteile sukzessive an seine beiden Nachfolger übertragen. Eine Übergangsphase von drei Jahren soll ihnen den Einstieg erleichtern.
Die Brüder bekundeten zwar schon mit Beginn ihrer Ausbildung zum Raumausstattermeister Interesse an der Weiterführung des Unternehmens. Aber zuvor war zumindest bei Daniel Kaufmann noch nicht klar, dass er überhaupt beruflich in die Fußstapfen seines Vaters treten würde. „Er hat uns bei der Berufswahl freie Hand gelassen und keinen Druck ausgeübt.“ Und so entschied sich Daniel erst einmal für eine Ausbildung bei Bundeswehr und Polizei.
Doch hier wurde ihm schnell klar: Das ist nicht meine Welt. Als Kinder waren er und sein Bruder schon mit auf den Baustellen und diese Erfahrungen haben ihn geprägt. Er wechselte in die Raumausstattung und heute liebt der Hobbysurfer deren beruflich Herausforderungen. Hier will er sich mit besonderer Leistung beweisen, getreu seinem Motto: Ich bin Handwerker und ich kann das.
Auch Oliver ist Handwerker durch und durch und am liebsten auf der Baustelle. Er sah von vornherein die abwechslungsreichen und kreativen Möglichkeiten, die dieser Beruf bietet und startete gleich nach der Schule mit der Lehre.
Mutter Irene Kaufmann ist ebenfalls im Unternehmen tätig. Sie kennt ihre Jungs am besten und weiß, dass sie einander mit ihren persönlichen Fähigkeiten ideal ergänzen. Daniel ist der Kommunikative und wird in der Akquisition stärker sein. Von seiner charmanten Art sind gerade die älteren Damen sehr angetan, fügt sie scherzhaft hinzu. Oliver hingegen braucht die handwerkliche Arbeit und immer etwas zu tun.
Wenn es klingelt, nutzt nicht nur Oliver Kaufmann die Feuerwehrstange als schnellsten Weg vom Büro nach unten ins Geschäft. Vor allem Kinder und jüngere Kunden probieren die Attraktion gerne selber aus.
Ob sie zukünftig die Betriebsführung so oder anders aufteilen, sollen sie selbst entscheiden, sagt der Vater. Er hat allerdings schon jetzt bemerkt, dass drei Chefs auf die Dauer zu viel wären. Er will sich deshalb aus diesem Bereich zurück ziehen und seinen Söhnen schon jetzt die Möglichkeit geben, das Geschäft mit ihrem jugendlichen Elan voranzubringen. Noch ist aber die Organisation im Betrieb sein Hauptaufgabengebiet, während Daniel und Oliver Kaufmann auf ihren Baustellen unterwegs sind. „Ihre Baustellen“, weil jeder seine von der Akquise bis zum Übergabeprotokoll selbstständig verantwortet und bearbeitet. Beratung, Planung, Kalkulation, Materialbeschaffung, Arbeitseinteilung der Mitarbeiter, Ausführung und Übergabe mit Rechnungslegung sind damit in einer Hand und problemlos abzuwickeln. Bei Fragen hilft der Vater gerne. Aber es darf auch jeder Fehler machen, wenn damit ein Lerneffekt verbunden ist.
Derzeit sind außer den Kaufmanns sieben Mitarbeiter und ein Raumausstatter-Azubi im Betrieb beschäftigt. „Wenn mich die neuen Geschäftsführer lassen, würde ich nach der Übergabe gerne wieder die Polsterei übernehmen“, schmiedet Bernd Kaufmann Zukunftspläne, „da wird in gut zwei Jahren eine Stelle frei.“ Das Polstern sei eine handwerkliche Tätigkeit, die ihm Freude bereite und bei den Kunden gefragt ist. In der Region gebe es noch viele Stilmöbel in den Wohnzimmern, die nicht entsorgt, sondern neu bezogen werden.
Ansonsten liegt der Schwerpunkt im Unternehmen auf Bodenbelägen. Auch hier sei für ihn die Zusammenarbeit mit der Coratex interessant, sagt Bernd Kaufmann: „Da sind Joka und Dresing als Lieferanten gelistet und wir profitieren von der Zentralregulierung mit Bonus.“ Zudem empfindet er als Handwerker die Unterstützung beim Internetauftritt und dem Marketing als angenehm.
Die vorwiegend private Kundschaft im gehobenen Mittelbereich ist „vom Kaufmann“ schon lange überzeugt. Der Betrieb ist in vierter Generation in Weimar und als Fachbetrieb fast konkurrenzlos. Mit der Werbeaussage „Raumausstattung Kaufmann – Ein Betrieb mit drei Meistern“ kann nicht jeder punkten und auch das Ladengeschäft weicht deutlich von der Norm ab: Wenn die Türklingel läutet, kommt Irene Kaufmann nicht etwa über die Treppe aus dem Büro zu den Kunden, sondern sie nimmt die Feuerwehrstange von der Galerie nach unten. Wer das zum ersten Mal erlebt, staunt nicht schlecht über diesen Auftritt. Viele möchten es dann auch mal probieren. Vor allem die Kinder seien kaum mehr weg zu bekommen, beteuert die flotte Geschäftsfrau.
Erst 2009 wurde der Laden umgebaut und erweitert. Auf insgesamt 120 m² sind über zwei Etagen Verkaufsraum, Büro und Näh-Atelier untergebracht. Dazu kommen die Werkstatt mit 30 m² und das Lager für Bodenbeläge auf 100 m². Jede Warengruppe hat ihre eigene Nische im Laden. Dem Namenszusatz „Raum für Ideen“ entsprechend, ließ die Familie Kreativität bei der Ausgestaltung walten. In der Bodenbelagsabteilung mit Langdielen und Parkett an den Wänden besteht die Besprechungsecke aus Würfeln und einem Quader, die die Kaufmanns aus Parkettstäben gebaut haben. Eine weitere Besonderheit im Haus ist der Goethe-Stuhl: ein hochbeiniges Möbel mit einer lederbezogenen Sitzfläche in Form eines flachen Sattels und einer vorne hochgeklappten Lehne. Der Dichter verfasste rittlings auf diesem Stuhlmodell sitzend seine Werke, erklärt Irene Kaufmann und demonstriert auch gleich die Sitzposition.
Sie hofft nun, dass ihr Mann nach der Übergabe wieder mehr Zeit hat, sein Hobby zu genießen. Denn derzeit bleibt das Segelboot an ihrem Bootshaus leider zu oft an den Leinen.
Vorbildlicher Generationswechsel des Jahres 2013