Wohnstore Lüneburg, Glander Farben und Wohnstore e.K. - Vorbildlicher unternehmerischer Mut
2014
Wohnstore Lüneburg, Lüneburg
Mut zur Lücke
Eine gute Strategie, der feste Glaube an die eigenen Fähigkeiten und vor allem Mut: Das sind die Zutaten, mit denen der 29-jährige Kay-Christian Glander in seiner Heimatstadt Lüneburg trotz enormer Konkurrenz durch Maler, Fachmärkte, Baumärkte, Discounter und Holzhändler den Wohnstore Lüneburg innerhalb eines Jahres geschickt in einer Marktlücke etablieren konnte. Mit Akzo Nobel und Vorwerk haben ihn gleich zwei Unternehmen deshalb für den Heimtex Star in der Kategorie „Besonderer unternehmerischer Mut“ vorgeschlagen und die Jury überzeugt.
Im Wohnstore Lüneburg mit einer Verkaufsfläche von 500 m² sind heute 20 Mitarbeiter beschäftigt.
Es ist Mitte August 2012. Kay-Christian Glander ist extrem angespannt: Er hat nur noch zwei Wochen, bis er sein eigenes Geschäft in Lüneburg eröffnet. Ein Fachgeschäft für Raumausstattung auf einer Fläche von 500 m2. Sein Vater und Bruder, seine Schwester und seine zukünftige Frau, mit der er eine kleine Tochter hat, sollen seine Mitarbeiter werden. Tausend Dinge schwirren durch seinem Kopf: Wird alles bis zur großen Eröffnung, zu der einige Hundert Gäste eingeladen sind, erledigt sein? Wird sein Unternehmen, werden seine Mitarbeiter und er selbst bei den Gästen hoffentlich späteren Kunden ankommen?
Von diesem Tag hängt vieles ab, auch in finanzieller Hinsicht. Immerhin stecken in dem neu gegründeten Unternehmen die gesamten Ersparnisse des 29-Jährigen – einige Zehntausend Euro. Mit einem Business-Plan hat er die örtliche Bank und die zahlreichen Lieferanten überzeugt. Wird er auch die Lüneburger überzeugen?
In diese gespannte Atmosphäre platzt die Bombe: Wenige Tage vor seiner Eröffnung kommt ihm ein Betreiber von insgesamt fünf Fachmärkten für Raumausstattung im Süden der Stadt zuvor und eröffnet eine neue Filiale. Auf ca. 3.000 m2 erwarten 26 Mitarbeiter die Kunden mit allen Produkten der Raumausstattung sowie deren fachmännischer Verarbeitung. Diese Kunden hatte eigentlich Glander fest im Blick.
Ihm sei das Herz schon in die Hose gerutscht, als er davon hörte, erinnert sich der schlanke, blondhaarige Glander heute. Aber der Moment der Unsicherheit und Angst währte nicht lange. Glander vergegenwärtigte sich seiner Stärken, der intensiven Vorbereitungen auf den Start als Unternehmer und sagte sich: „Jetzt erst recht!“
Zu diesem Zeitpunkt hat er schon einiges an Berufserfahrung vorzuweisen. Nach seiner Lehre zum Maler- und Lackierer und der sich anschließenden Gesellentätigkeit geht er nach Hamburg. Dort fängt er bei einem Unternehmen an, das sieben Filialen in Norddeutschland betreibt. Schnell erkennt man Glanders Qualitäten: Er ist fleißig, besitzt eine schnelle Auffassungsgabe, kann sich zügig in neue Dinge einarbeiten, hat Ideen, kann diese schnell und erfolgreich umsetzen und scheut auch nicht vor Entscheidungen zurück. Er setzt durch, dass neben dem reinen Verkauf von Produkten in der Hamburger Niederlassung auch Handwerksleistungen angeboten werden.
Drei Monate später leitet Glander die Filiale, steigt wenig später als Gesellschafter in die Gruppe ein und wird Geschäftsführer. Das macht der damals 25-Jährige drei Jahre lang. Dann trennt man sich wegen unterschiedlicher Vorstellung über die weitere Unternehmensstrategie. Glander lässt sich auszahlen.
„In dieser Zeit habe ich viel gelernt. Denn nicht alles, was wir gemacht haben, war richtig und hat im Markt funktioniert“, sagt er im Rückblick. Das Entscheidende und damit auch das Positive an unternehmerischen Fehlern sei, sich von ihnen nicht entmutigen zu lassen. Ein mutiger Unternehmer ist aus seiner Sicht nicht der Hasardeur, der ohne Strategie und Ziel drauflos rennt. Unternehmerischen Mut zu beweisen, sei keine einmalige Handlung. Vielmehr bedeute er in Bezug auf die eigene Geschäftstätigkeit einen hohen Anspruch auch gegen Widerstände und Widrigkeiten zu verfolgen. „Ich gebe mich mit Dingen nicht so schnell zufrieden. Wenn etwas nicht so geklappt hat, wie ich es mir vorgestellt habe, frage ich mich, woran es gelegen hat“, beschreibt Glander sein Naturell. Man könne und müsse aus Fehlern Lehren ziehen für zukünftige Entscheidungen, bemüht er eine wohl bekannte Weisheit. Für ihn ist das aber nicht bloß eine Floskel; er handelt danach.
Mit regelmäßigen Anzeigen in der örtlichen Presse hat sich der Wohnstore Lüneburg bekannt gemacht und sorgt für kontinuierliche, öffentliche Präsenz.
So wie Anfang 2012. Nach den unternehmerischen Lehrjahren in Hamburg kehrt Glander gut gewappnet und voller Tatendrang zurück nach Lüneburg. Den Kontakt in die Heimat hat er immer aufrecht erhalten. Er kennt den dortigen Einrichtungs- und Renovierungsmarkt, unterzieht ihn jetzt einer genauen Analyse. Dazu gehören auch regelmäßige Besuche der Konkurrenzgeschäfte, die er bis heute genau beobachtet.
Auf den ersten Blick scheint der Lüneburger Markt übersättigt, tummeln sich im Einzugsgebiet doch bis zu 20 Unternehmen der Raumausstattungs- und Renovierungsbranche: 6 Baumärkte, 3 große Fachmärkte – unter anderem eine Hammer-Niederlassung –, 4 Holzhändler, Discounter, 1 Parkett- und Laminathaus, viele Maler und einige wenige Raumausstatter. Aber Glander ist überzeugt, in dieser Gemengelage eine Marktlücke erkannt zu haben. Denn die Universitätsstadt ist eine wohlhabende Gegend mit hoher Kaufkraft. Sie befindet sich in der Metropolregion Hamburg. Viele arbeiten in der Hansestadt, pendeln. Und: „Die Lüneburger lassen in ihren eigenen vier Wänden viel machen“, weiß Glander.
Aber unter den vielen Anbietern fand sich bis dahin niemand, der im mittleren bis gehobenen Preissegment im Wohnbereich eine umfassende Produktauswahl, eine einladende, hochwertige Ausstellung mit handwerklichem Service und guter Beratung verbindet. Und vor allem niemand, der den Kunden im persönlichen Kontakt glaubhaft vermitteln konnte, „sich zu kümmern“. Dazu gehören auch lange Öffnungszeiten, unter der Woche von 9 bis 19 Uhr, samstags bis 18 Uhr.
Glander's Business-Plan entsteht zusammen mit einer Unternehmensberatung und zielt genau auf diese Marktlücke ab. „Ich bin mir meiner Sache sicher gewesen und konnte meine Idee gegenüber den Banken gut verkaufen“, sagt er.
Ganz bewusst hat Glander sein Fachgeschäft im Industriegebiet am Hafen im Norden der Stadt eröffnet. Dort befinden sich die Auto-Meile, zudem größere Fachgeschäfte anderer Branchen aber auch Max Bahr direkt auf der anderen Straßenseite. „In den Autohäusern finden vier- bis fünfmal im Jahr größere Verkaufsaktionen und Events statt. Da machen wir dann mit und profitieren enorm.“ Auch der Baumarkt bringe Laufkundschaft. Die meisten Wettbewerber aus der Heimtextilbranche befinden sich im Süden von Lüneburg. Die sieht der Jungunternehmer aber gar nicht als seine größte Konkurrenz: „Mit Autohändlern oder anderen Anbietern von Konsumgütern müssen wir um das Budget der Kunden konkurrieren.“
Um in diesem Wettbewerb Aufmerksamkeit auf seinen Wohnstore zu lenken, investiert Glander 4 % des Jahresumsatzes, den er für 2013 auf 1,5 Mio. EUR schätzt. Das Geld sei gut investiert: „Ich baue den Wohnstore zur Marke auf. Wenn die Lüneburger an Renovierung denken, sollen sie an mein Geschäft denken.“ Nach einem Jahr Tätigkeit sei das Fachgeschäft schon gut etabliert im Markt, ist er überzeugt, auch weil er regelmäßige ganzseitige Anzeigen in örtlichen Wochen- und Tageszeitungen zu seinen Sonderaktionen schalte. Außerdem fährt drei Jahre lang ein Bus des ÖPNV mit seinem markanten orange-schwarzen Logo durch die Stadt. Das kostet Glander überschaubare 400 EUR im Monat, verschafft dem Unternehmen aber kontinuierliche Präsenz und öffentliche Aufmerksamkeit. Seine Webseite ist Suchmaschinen-optimiert, in größeren Abständen macht er auch Kinowerbung.
Alle diese Aktivitäten liegen in professionellen Händen. Glander hat insgesamt drei spezialisierte Werbeagenturen beauftragt. Jede kümmert sich um einen Bereich: Print, Online und die generelle Strategie in der Öffentlichkeitsarbeit. Letztere hat er drei Hauptziele: Sich als Marke etablieren, den familiären Charakter des Unternehmens herausstellen und zukünftigen Kunden von der Zufriedenheit der jetzigen berichten.
Für die Produktbereiche Bodenbeläge, die die Hälfte seines Umsatzes ausmachen, Farben und Tapeten, Gardinen und Dekostoffe sowie Sonnenschutz hat er gezielt Mitarbeiter eingestellt, sowohl im Verkauf als auch im handwerklichen Bereich. Das Team ist von anfangs 4 auf jetzt stolze 20 Angestellte angewachsen, inklusive zweier Auszubildender. Unter den Mitarbeitern ist auch eine Fachangestellte, die bis vor Kurzem das örtliche Gardinen- und Nähstudio mit einem guten Ruf, persönlicher Beratung und einem großen Kreis an Stammkunden führte. „Ich konnte Sie überzeugen, bei mir anzufangen. Das hat in diesem Produktbereich für einen guten Start gesorgt“, sagt Glander.
Vorbildlicher unternehmerischer Mut
des Jahres 2014