Weibler – Die Maler und Raumausstatter - Vorbildlicher Unternehmerischer Mut 2015
Weibler – Die Maler und Raumausstatter, Trier
„Mut entsteht durch Vertrauen“
Ein unverschuldeter Zahlungsausfall reißt die Firma Weibler aus Trier in die Insolvenz. Der Junior Stefan Weibler muss sich von jetzt auf gleich entscheiden zwischen Abwicklung und Fortführung der 75-jährigen Familientradition. Er nimmt all seinen Mut zusammen und gründet aus der Insolvenzmasse eine neue GmbH. Doch keine Bank will das nötige Startkapital leihen. Weil sich der 32-Jährige aber auf die loyalen und hoch qualifizierten Mitarbeiter verlassen kann und diese auch ihm vertrauen, gelingt ein erfolgreicher Neubeginn und sogar später die Expansion ins Nachbarland Luxemburg. Diesen „vorbildlichen unternehmerischen Mut“ belohnt die Jury auf Vorschlag der Home Trendberater mit dem Heimtex Star 2015.
Am Himmel über Trier türmen sich die Wolken Grau in Grau. Es regnet an diesem Novembermorgen in der ältesten Stadt Deutschlands. Stefan Weibler sitzt entspannt am großen Beratungstisch in seinem Raumausstattergeschäft. Trotz des schlechten Wetters ist der Kaufmann gut gelaunt. 2013 summierten sich die Umsätze von „Weibler – Die Maler und Raumausstatter“ auf stattliche 1,3 Mio. EUR. 2014 werden die 30 Angestellten in den drei Hauptarbeitsbereichen Malerarbeiten, Boden und Trockenbau 10 % mehr umsetzen.
Das liegt auch an der erst im Mai 2014 eröffneten, 15 km entfernten Niederlassung im Nachbarland Luxemburg. Die Einwohner dort bringen durch niedrigere Einkommenssteuersätze im Schnitt über 30 % mehr Nettogehalt nach Hause als ein deutscher Arbeitnehmer, sagt Weibler. Zudem legten sie Wert auf hochwertig ausgeführte Handwerksarbeit, die in Luxemburg nicht ausreichend verfügbar sei. Aus diesen Gründen ist der Anteil der Luxemburger an der Kundschaft von Weibler stetig gewachsen. Diese Klientel hat seit rund einem halben Jahr eine Anlaufstelle in ihrem Heimatland, im Grenzstädtchen Wasserbillig. Dort arbeiten heute sechs zusätzliche Mitarbeiter unter der Leitung von Weiblers Ehefrau, der Raumausstattermeisterin Lisa Weibler-Wetzel (35).
Heute arbeiten 30 Angestellte an zwei Standorten für Weibler – Die Maler und Raumausstatter. Der guten Zusammenarbeit zwischen Chef und Mitarbeitern ist es zu verdanken, dass inzwischen Umsätze in Höhe 1,3 Mio. EUR erzielt werden.
Es läuft also gut für Weibler. Aber wenn der gelernte Bauzeichner und Kaufmann sowie studierte Betriebswirt hoch in den wolkenverhangenen Himmel schaut, erinnert ihn das Grau an wesentlich schlechtere Zeiten. Vier Jahre liegen sie hinter ihm, seiner Frau, den drei Söhnen im Alter von 11, 8 und 4, der gesamten Familie sowie den Mitarbeitern.
Anfang Mai 2010 – man hatte gerade das 75. Unternehmensjubiläum gefeiert – verdüsterte sich sprichwörtlich der Himmel über dem Familienbetrieb. Eigentlich herrschte große Freude: Ehefrau Lisa war zum dritten Mal schwanger, im fünften Monat. Doch der Zahlungsausfall bei einem Großobjekt in Höhe von rund 100.000 EUR zwang das von Weiblers Vater Engelbert in dritter Generation erfolgreich geführte, stadtbekannte Unternehmen in die Knie. Knall auf Fall hatte ein Insolvenzverwalter das Sagen und stellte die Familie vor die Wahl: Entweder Zusperren und Abwicklung – oder Junior Stefan Weibler übernimmt das Steuer bei einer Neugründung aus der Insolvenz. Als Bedenkzeit räumte der Insolvenzverwalter 14 Tage ein. Denn Ende Mai musste über die Zukunft des Betriebs entschieden sein, um für den vergangenen und die folgenden zwei Monate noch Insolvenzausfallgeld beantragen und Löhne bezahlen zu können.
Zum damaligen Zeitpunkt hatte Stefan Weibler zwar bereits seit 13 Jahren im väterlichen Betrieb vor allem im kaufmännischen-administrativen Bereich gearbeitet. Doch selbst die Geschicke zu lenken, darüber hatte er bis dato noch nie konkret nachgedacht. Wieso auch? Sein Vater war gesund, hatte den Laden im Griff und es herrschte ein gutes Betriebsklima. Der Kreis der Auftraggeber war groß und bestand vor allem aus Stammkunden. Und das Wichtigste: Die Mitarbeiter arbeiteten kontinuierlich gut und waren loyal.
Als Kaufmann und Betriebswirt hatte der Junior genauesten Einblick in die Zahlen des Betriebs. Diese waren durch und durch solide. Deswegen fasste er sich ein Herz und nahm all seinen Mut zusammen: Er stellte ein Betriebskonzept für die Banken auf, in dem er die Stärken und Schwächen des alten und des neu zu gründenden Betriebs gegenüberstellte. Dieser beinhaltete auch den Plan, die Veränderungen nach außen als „Generationswechsel“ zu kommunizieren. So sollte in der Kundschaft und bei Lieferanten möglichst wenig Unruhe entstehen. Dieser Plan ging auf.
Hauptproblem für das weitere Vorgehen, also den Aufkauf der Insolvenzmasse inklusive der Kundenadressen und die Gründung einer neuen GmbH, war aber die in Deutschland geforderte Stammkapitaleinlage in Höhe von 25.000 EUR, erzählt Weibler im Rückblick. „Das Geld hatte ich nicht. Ich brauchte also eine Bank, die an mein Konzept glaubt und mir die Summe leiht.“ Doch weder die Sparkasse als Hausbank noch andere örtliche Geldinstitute wollten ihn finanzieren.
Die Firma Weibler gehört in Trier zu den Top 5 in Sachen Raumausstattung und Inneneinrichtung. Das Unternehmen wird in vierter Generation geführt und besteht 2015 seit 80 Jahren.
Der Betrieb lief unterdessen mit den damals zehn Angestellten nach außen hin normal weiter. Aber intern wurde die Zeit knapp. Offiziell musste das alte, insolvente Unternehmen am 30. Juni abgewickelt sein. Doch das laut Business-Analyse benötigte Kapital in Höhe von 50.000 EUR für den Start der neuen Firma fehlte noch immer. Wie mit dem Insolvenzverwalter vereinbart, meldete Weibler trotzdem Anfang Juni 2010 die neue GmbH an. Glücklicherweise müsse man die Summe nicht sofort hinterlegen, erinnert sich der 36-Jährige.
Zum offiziellen Start des neuen Geschäftes am 1. Juli standen Weibler und seine Mannschaft immer noch ohne Kapital da. Vier seiner Angestellten war es inzwischen „zu heiß“ geworden; sie hatten den Betrieb aufgrund ihrer unsicheren beruflichen Zukunftsaussichten verlassen. Der Rest arbeitete weiter. Weibler selbst hatte sich zuvor vom Insolvenzverwalter in der alten Firma kündigen lassen, um Kosten zu sparen.
„In den Wochen im Frühsommer 2010 hatte ich viele schlaflose Nächte“, gibt der Unternehmer heute unumwunden zu. Auf der einen Seite stand das Betriebskonzept mit den guten Mitarbeitern als Basis für die Zukunft. Hier setzte Weibler besonders auf den langjährigen Angestellten und heutigen Betriebsleiter Adam Barisch. „Ohne den Malermeister hätte ich nie den Mut gehabt, den Betrieb zu übernehmen“, sagt Weibler klipp und klar.
Auf der anderen Seite fehlten immer noch die 50.000 EUR. Außerdem waren mittlerweile sowohl der Vater als auch die eigene Ehefrau bei ihm angestellt. „Und neben der wirtschaftlichen Zukunft ging es mir vor allem auch darum, den guten Ruf meines Vater zu bewahren, indem ich das Geschäft erhalte und wieder zurück in die Erfolgsspur bringe“.
Aber schließlich wurden Mut und Ausdauer mit dem Glück des Tüchtigen belohnt: Mitte Juli zog Stefan Weibler einen Großauftrag über 100.000 EUR an Land. Die gleiche Summe hatte wenige Monate zuvor den väterlichen Betrieb ruiniert, doch davon ließ sich der Junior nicht abschrecken. „Ich habe dem Auftraggeber das Angebot gemacht, ihm bei einer Anzahlung von 50 % einen Nachlass von 5 % zu gewähren“, schildert Weibler seine rettende Idee. Der Kunde willigte ein und Weibler Raumausstattung hatte endlich die so dringend benötigten 50.000 EUR zur Verfügung.
Sicherheit gab Weibler bei dieser Vereinbarung seine bei Gründung der GmbH abgeschlossene Forderungsausfallversicherung. „Sie ist quasi die Vollkaskoversicherung für den eigenen Betrieb wie die Feuerversicherung für das Haus oder die Kasko für das Auto“, zieht er den Vergleich: Der Versicherer prüft die Kreditwürdigkeit des Kunden; bei Zahlungsverzug oder -ausfall werden 80 % der Bruttorechnungssumme übernommen. Dieser Mechanismus gebe mehr Sicherheit als Auskünfte über Creditreform und andere Dienste. Für das Ergebnis aus deren Bonitätsprüfung stehe bei Zahlungsausfall niemand gerade.
Mit den 50.000 EUR des Neukunden war Weibler vorerst gerettet. Aber die Startfinanzierung durch die neue Hausbank ließ auch Anfang August noch immer auf sich warten – die KfW hatte ein über die Bank beantragtes Darlehn abgelehnt. „Zu diesem Zeitpunkt lief der Betrieb schon mehrere Wochen und wir hatten die Löhne aus eigenem Geld ausgezahlt“, erinnert sich Weibler. In einem Gespräch mit seiner Bankberaterin forderte er, dass sie sich etwas einfallen lassen müsse. Auch die Bank verliere Geld, wenn sein Betrieb gleich wieder pleite ginge. Dann ging alles ganz schnell: Die Bank schlug vor, das Wohnhaus der Weiblers als Sicherheit zu nehmen und stellte endlich das nötige Kapital zur Verfügung.
Die Erlebnisse mit den Banken haben Weibler gelehrt, dass man die Geldinstitute von Anfang an einbeziehen und mit ihnen selbstbewusst und offen reden muss – auch wenn es schwer fällt: „Denn am Ende sitzt man in einem Boot. Das muss man ihnen klar machen.“
Das Wichtigste sei aber gewesen, dass er sich auf seine Mitarbeiter verlassen konnte und diese auch großes Vertrauen in ihn gehabt hätten, stellt Stefan Weibler im Rückblick fest. Die Basis für diesen Zusammenhalt sieht er im respektvollen Umgang miteinander. „Auch als Chef nehme ich Vorschläge meiner angestellten an. Wenn nicht, begründe ich dies und ignoriere sie nicht einfach. Denn sonst werden die Mitarbeiter keine neuen Verbesserungsvorschläge und Ideen vorbringen. So schaffe ich eine vertrauensvolle und loyale Arbeitsbeziehung, die beiden Seiten nutzt.“
Und noch etwas hat Weibler gelernt: Es zahlt sich aus, auf externe Beratung zurückzugreifen. Er arbeitet mit einem Unternehmensberater zusammen, der schon seinen Vater beraten hat und sich speziell in der Raumausstatter- und Einrichtungsbranche auskennt. Das sei wichtigt, damit bei der Gegenüberstellung mit Betrieben aus anderen Gewerken nicht Äpfeln mit Birnen verglichen würden. „Den Austausch mit ihm und seine Empfehlungen und Tipps auch im Umgang mit Banken und dem Finanzamt, hätte ich nicht missen wollen“, unterstreicht Weibler.
Vorbildlicher Unternehmerischer Mut des Jahres 2015