Schieble Raum & Design - Gelungene Übernahme durch Mitarbeiter 2015
Schieble Raum & Design, Kenzingen
„Gewohnte Qualität mit frischem Wind“
Den Schock über die bevorstehende Schließung ihres Betriebes haben Anna Bold und Thomas Schwehr schnell verdaut und das Unternehmen kurzerhand übernommen. Mit dem Schritt in die Selbstständigkeit einher gingen umfangreiche finanzielle Investitionen, der Umbau des Geschäftes und eine Straffung des Sortimentes. Ihren ehemaligen Arbeitgeber haben die beiden als Berater eingestellt. Eine „gelungene Übernahme“ befanden die Jurymitglieder und zeichnen die neuen Inhaber von Schieble Raum & Design in Kenzingen mit diesem Heimtex Star aus.
Ich werde mein Geschäft zum Jahresende schließen.“ Mit dieser Mitteilung sorgte Karl Schieble im August 2013 bei seinen zehn Angestellten für eine Schock. Der damals 65-Jährige wollte sich nach mehr als 40 Jahren Tätigkeit aus seinem Raumausstatterbetrieb zurückziehen und fand auch nach längerer Suche keinen Nachfolger. Mit seiner Ankündigung löste er schließlich sein Problem, wenn auch anders als gedacht. Denn die Verunsicherung und Zukunftsangst in der Belegschaft wich recht schnell einer unerwarteten Eigeninitiative, die schließlich alles zum Guten wendete – für sämtliche Beteiligten.
Das Tapetensortiment wurde ausgebaut und wird auch verstärkt beworben.
Nach einer kurzen Entscheidungsphase wagten zwei langjährige Mitarbeiter beherzt den Schritt in die Selbstständigkeit: Anna Bold und Thomas Schwehr gründeten gemeinsam eine GmbH und übernahmen Schieble Raum & Design im südbadischen Kenzingen. Nach nur fünf Monaten hatten sie den Inhaberwechsel schließlich vollzogen.
Anna Bold war 2006 als Auszubildende zu Schieble gekommen und ist heute begeistert von der besonderen Herausforderung, einen Betrieb zu leiten. Die 24-jährige Raumausstatterin strebt auf lange Sicht den Meisterbrief an. Co-Geschäftsführer Thomas Schwehr, ebenfalls Raumausstatter, ist 55 Jahre alt und seit fünf Jahren im Unternehmen. Die beiden werden von Prokurist Alexander Schneider (42) unterstützt. Und auch ihr ehemaliger Arbeitgeber steht den Kunden und den übernommenen und bewährten Mitarbeitern weiterhin als Fachmann zur Verfügung. Er wurde in Vollzeit als Berater eingestellt. Insgesamt hat der Betrieb jetzt elf Beschäftigte, da im Herbst noch eine Auszubildende ihre Raumausstatter-Lehre begonnen hat.
Karl Schieble hatte das 1881 als Sattlerei gegründete Traditionsunternehmen bereits in vierter Generation geführt. Es gilt in Kenzingen mit seinen knapp 10.000 Einwohnern als erste Adresse in Sachen Raumausstattung. Deshalb haben die neuen Eigentümer den bekannten Firmennamen beibehalten. Ansonsten hat sich allerdings einiges verändert.
In die Umgestaltung der 450 m2 großen Ladenfläche und den Kauf von Ware haben die neuen Inhaber rund 150.000 EUR investiert.
Zwar sind die Geschäftsräume einschließlich Werkstatt und Nähatelier nur von Karl Schieble gemietet. Aber Anna Bold und Thomas Schwehr haben in die Umgestaltung der Ladenfläche, die Veränderung des Sortiments und den damit verbundenen Kauf neuer Ware bislang rund 150.000 EUR investiert. Nach der Übergabe wurde der Laden für drei Monate geschlossen, komplett ausgeräumt und völlig neu strukturiert. Jetzt gibt es separate Bereiche für die Beratung zu den unterschiedlichen Produktgruppen vom Sonnenschutzstudio bis zur Teppichbibliothek. Für die richtige Beleuchtung sorgt die Lichtanlage mit LED-Technik, die auch noch Strom spart. „Die Verkaufsfläche wurde von ehemals 650 m2 auf 450 m2 reduziert und wir dekorieren sie luftiger, ohne viel Schnickschnack“, erzählt Anna Bold.
Mit den baulichen Veränderungen einher ging die Modifizierung des Sortimentes. Bis dato war das Angebot mit Heim- und Haustextilien breit gefächert und reichte von Bodenbelägen über Fensterdekoration und Tapeten bis zu Polsterarbeiten, Orientteppichen und dem kompletten Bedarf rund ums Bett. „Jetzt konzentrieren wir uns wieder auf den Kern der Raumausstattung“, erläutert Anna Bold. Daher wurden die Orientteppiche ebenso wie die Betten-Sparte aufgegeben. „Bettwaren und Schlafsysteme sind sehr beratungsintensiv“, begründet die Jungunternehmerin ihre Entscheidung. Zudem gebe es im Umfeld von Kenzingen einen starken Wettbewerb durch Betten- und Möbelhäuser.
Accessoires, Badzubehör, Kissen, Heimdecken, Tisch- und Hauswäsche sollen als Mitnahmeartikel Laufkunden anziehen.
Das aktuelle Sortiment von Schieble Raum & Design deckt alle Stilrichtungen von klassisch bis modern ab. Bodenbeläge, Deko- und Gardinenstoffe, Sonnen- und Insektenschutz sowie Polsterarbeiten halten sich mit jeweils 20 % Umsatzanteil die Waage. Das Tapetenprogramm wurde ausgebaut und trägt rund ein Zehntel zum Umsatz bei, ebenso wie Mitnahmeartikel, die mit Accessoires, Badzubehör, Kissen, Heimdecken, Tisch- und Hauswäsche die Laufkundschaft anziehen sollen.
Aber die Verkleinerung der Verkaufsfläche hat noch einen weiteren Grund: Im hinteren Ladenbereich soll später einmal eine offene Werkstatt entstehen. Hier will man den Kunden dann unter anderem demonstrieren, wie ein Polstersessel oder Sofa von innen aussieht.
„Gewohnte Qualität mit frischem Wind“ lautete der Slogan, der den Kenzingern nach der Wiedereröffnung die neue Ära ankündigte. Bei Schieble stehen rund 3.500 Stammkunden auf der Adressenliste, vor allem in der Altersgruppe ab 30 Jahre aufwärts, wenn das erste Haus oder die Wohnung eingerichtet wird. Das Einzugsgebiet reicht etwa 40 km weit bis in die Schweiz nach Basel und Zürich sowie westlich ins Elsass. Kontakte zu Interessenten aus der Schweiz kommen entweder über Weiterempfehlung zustande oder durch das Internet. Zudem unterhält man neben dem Raumausstatter-Betrieb unweit der Kenzinger Ortsmitte in der Nachbargemeinde Herbolzheim noch eine Ausstellungsfläche im Roten Haus, einem Kaminofen-Center.
Ein wichtiger Kunde ist der Europapark in Rust. Karl Schieble war bei Projekten des Freizeitparks von Anfang an mit dabei, wickelte auch Aufträge für Veranstaltungen und Messen auf dem Gelände ab. Die Aufgaben umfassen zum Beispiel den Austausch von Boden- und Treppenbelägen in Fahrgeschäften, die Konfektion von Bühnenvorhängen oder die Fensterdekoration in den Hotels.
Derzeit trägt das Objektgeschäft rund ein Drittel zum nicht näher bezifferten Jahresumsatz von Schieble Raum & Design bei. Weil aber nicht abzusehen ist, wie sich der hart umkämpfte Markt entwickeln wird, wollen die neuen Inhaber noch mehr Privatkunden gewinnen. Dies geschieht durch verstärkte Werbeaktivitäten, etwa mit Anzeigen in der Tageszeitung, in Wochenblättern und über Kundenmailings.
Gelungene Übernahme durch Mitarbeiter des Jahres 2015