Wagner Wohnmanufaktur - Vorbildliche gewerkeübergreifende Zusammenarbeit 2015
Wagner Wohnmanufaktur, Petersberg
20 Jahre Erfahrung in der Kooperation mit anderen Gewerken
Heike und Peter Wagner sind mit ihrer Wohnmanufaktur Gründungsmitglieder von Werk 9. Die Kooperation mit sieben weiteren Handwerksbetrieben aus Fulda und Umgebung zeigt, wie man gemeinsam den Kundenkreis und die Zielgruppe erweitern kann. Eine Voraussetzung dafür ist, dass man sich auch im Angebot der übrigen Gewerke auskennt, bei den eigenen Kunden zusätzlichen Bedarf entdeckt und dann dazu den Partner ins Spiel bringt. Bei Werk 9 funktioniert das seit 16 Jahren. Mit dieser Erfolgsgeschichte ihres Mitgliedes konnte 2HK die Jury überzeugen, den Heimtex Star für die „Vorbildliche gewerkeübergreifende Zusammenarbeit“ an die Firma Wagner zu vergeben.
Peter und Heike Wagner betreiben ihre Wohnmanufaktur in Petersberg bei Fulda. Der Raumausstatterbetrieb wurde 1969 gegründet, hat drei Mitarbeiter inklusive eines Azubis. Zur Ausstellungsfläche von 100 m² kommen noch einmal 400 m² für Werkstatt, Näherei, Lager und Büro hinzu. Derartige Betriebe gibt es viele in Deutschland. Was ihn zu etwas Besonderem macht, ist die Mitgliedschaft bei „Werk 9“. Dort arbeiten die Wagners mit sieben weiteren Handwerksfirmen aus der Umgebung zusammen. Die Art und Weise sowie das Ergebnis sind außergewöhnlich.
Die Jury hatte sich in der Kategorie „Vorbildliche gewerkeübergreifende Zusammenarbeit“ vor allem deswegen für die Wagner Wohnmanufaktur entschieden, weil in der Bewerbung überzeugend dargelegt wurde, wie die an „Werk 9“ beteiligten Firmen im Kundengespräch für die anderen Gewerke „mitdenken“ und Zusatzaufträge generieren. Beim Besuch vor Ort führt Preisträgerin Heike Wagner souverän durch die beeindruckende, 300 m² große gemeinsame Ausstellung in Petersberg. Sie zeigt die vom Tischler selbst gebaute, wandelbare und multifunktionale Möblierung eines Kinderzimmers, erklärt fachkundig das Stucco Antico, eine von der Kooperation entwickelte Kalkputzechnik für Nassbereiche, und kommt in der nächsten Koje auf das außergewöhnliche Bodendesign zu sprechen, wobei sie detailreich erklärt, wie die Bodendesignerin Jeanet Hönig die spektakulären Unikate unter anderem mit Gießkannen herstellt.
Die Ausstellung von Werk 9 zeigt alle Wohnbereiche, von Küche und Bad bis zu Schlaf- und Wohnzimmer.
Nebenbei macht sie über einen in der Wand eingelassenen Bildschirm die Hintergrundmusik leiser. Dabei weist sie auf den ebenfalls bei Werk 9 engagierten Hifi-Fachbetrieb hin und auf die Möglichkeit, jeden Raum des eigenen Zuhauses musikalisch individuell zu untermalen. Es folgen die Bereiche und Produktgruppen Küche, Bodenbeläge, Tapeten/Wandbeläge und Wohnzimmer. Zu fast allen Produkten und Kojen kann Heike Wagner Auskunft geben. Damit ist der erste Informationsbedarf eines Interessenten in jedem Fall gedeckt. Für tiefer gehende Fragen kann dann ein Termin mit dem eigentlichen Fachmann für das jeweilige Gewerk vereinbart werden.
Das ist der Anspruch von Werk 9. Und jeder der acht beteiligten Handwerksbetriebe – ein Tischler, ein Fachmann für Maler- und Stuckarbeiten sowie Trockenbau, eine Innenarchitektin, ein Bodenleger, ein Experte für Heizung und Sanitär, Raumausstatter Wagner, ein Steinmetz und Bildhauer sowie der Hifi- und Multimedia-Fachbetrieb – muss diesem im Tagesgeschäft gerecht werden. Denn jedes Unternehmen hat einmal pro Woche Dienst in der gemeinsamen Ausstellung. Der dafür abgestellte Mitarbeiter muss dann wissen, wovon er oder sie spricht, auch wenn ein Kunde für einen Handwerks- oder Produktbereich gekommen ist, mit dem man von Haus nicht vertraut ist.
Aber Werk 9 will noch mehr: Die Initiatoren haben sich ihren Namen in Anlehnung an die Zahl Neun gegebem. Sie ist nicht nur die höchste einstellige Zahl sondern steht auch für Vollkommenheit und Beständigkeit, da sie dreimal die in vielen Kulturen als göttlich angesehene Zahl Drei enthält. „Damit wollen wir ausdrücken, dass wir individuelle Raumkonzepte realisieren, die von hoher handwerklicher Qualität und Beständigkeit sind“, erklärt Heike Wagner.
Die Betriebe arbeiten also an Einrichtungskonzepten, aus denen mehr entsteht als die Summe der handwerklichen Arbeit der acht beteiligten Gewerke. Dazu passt auch der Slogan der Kooperation: „Werk 9 – wertvoll wohnen“.
Die Antwort auf die Frage, wie die Mitglieder von Werk 9 dieses hohe Niveau dauerhaft halten, führt zu einem Wesensmerkmal der Kooperation: „Unsere Philosophie ist, dass jeder bei seiner Arbeit auch an die Gewerke der Partner denkt“, bringt sie es auf den Punkt. Damit jedes Mitglieder dazu in der Lage ist, müsse man sich über die gemeinsame Tätigkeit beim Kunden hinaus kontinuierlich austauschen. Das findet bei Werk 9 sowohl institutionalisiert als auch projektbezogen statt. „Wir sitzen alle einmal in der Woche zusammen und besprechen die aktuellen Projekte.“ Die Mitglieder tauschen sich aus, erklären einander den jeweils eigenen Tätigkeitsbereich und stellen Neuigkeiten vor. Darüber hinaus besucht man gemeinsam Messen und belegt Seminare.
Die Ausstellung von Werk 9 zeigt alle Wohnbereiche, von Küche und Bad bis zu Schlaf- und Wohnzimmer.
In der Theorie hört sich das gut an. Denn nur demjenigen, der in allen acht Einrichtungsbereichen kenntnisreich Auskunft geben kann, werden Kunden den ganzheitlichen Ansatz abnehmen, den individuellen Einrichtungsstil herauszuarbeiten. Doch woher nehmen die Mitglieder die Zeit, um quasi Allrounder zu werden ?
„Wir haben auch nicht mehr Zeit als andere Handwerker. Aber wir haben erkannt, dass man anders sein muss als der Durchschnitt, um sich abzuheben und am Markt erfolgreich bestehen zu können“, erklärt Heike Wagner. Sich im Wettbewerb zu behaupten, bedeute nicht zuletzt, regelmäßig neue Kunden zu gewinnen. Und das sei der Wagner Wohnmanufaktur als Gründungsmitglied von Werk 9 auch gelungen.
Dabei hat die gemeinsame Ausstellung große Bedeutung. Man führe zwar keine Statistik, erzählt Heike Wagner. Aber fast jeder Kunde, der die Räume von Werk 9 betritt, kaufe mehr als ursprünglich geplant. „Wir zeigen den Kunden, was es alles gibt, was alles möglich ist und dass wir es für ihn handwerklich umsetzen können. Und das alles an einem Ort“, beschreibt Wagner das Erfolgsrezept.
Sie bestärkt jeden Raumausstatter und Fachhändler darin, mit anderen Gewerken zu kooperieren. Am erfolgsversprechendsten sei in einem ersten Schritt die Zusammenarbeit mit benachbarten Gewerken, beispielsweise Tischlern, Schreinern, Stuckateuren, Malern oder Trockenbauern, aber auch Architekten. Dort fänden sich mehr Anknüpfungspunkte und die Schnittmenge sei größer. Wichtig sei auch, dass man von einander profitiere, sich wechselseitig befruchte – eben das klassische Geben und Nehmen. „Unternehmen, die kleiner und flexibel sind und die Interesse und den Mut haben, Neues auszuprobieren, profitieren mehr von einer Kooperation als ein größeres Unternehmen, das vielleicht schon satt und zu unbeweglich ist“, meint Wagner.
Seit 2011 gibt es die gemeinsame Ausstellung auf 320 m² in Petersberg bei Fulda.
Sie selbst hat bereits seit 20 Jahren Erfahrung in gewerkeübergreifender Zusammenarbeit, die sie auch teilweise koordiniert hat. Werk 9 ist ihre vierte Kooperation. Bei jeder hat sie ein Stück dazugelernt. „Förderlich ist es, wenn man sich bereits kennt und weiß, wie der andere tickt.“ Denn neben der institutionellen Zusammenarbeit hänge der Erfolg vor allem davon ab, ob es zwischenmenschlich stimme. „Um zu prüfen, ob man wirklich zusammenarbeiten kann, ist ein gemeinsam organisierter Messeauftritt ein guter Test“, findet Wagner. Wenn man den erfolgreich auf die Beine stellt und vielleicht dabei auch noch gemeinsam Spaß hat, sollte einer engeren Zusammenarbeit nichts mehr im Wege stehen.
Bei Werk 9 arbeiten acht Unternehmen mit insgesamt 40 Angestellten zusammen. Da herrsche auch nicht immer Harmonie, gibt Wagner unumwunden zu. Bei Meinungsverschiedenheiten werde der Ton auch mal rauer. „Das darf man aber nicht persönlich nehmen. Jeder muss flexibel sein und seine Bedürfnisse und Begehrlichkeiten auch mal hinten an stellen“, charakterisiert Wagner das Innenleben von Werk 9. Alle Mitglieder auf ein Niveau zu bekommen, sei – wie bei allen sozialen Gruppen – nicht möglich und auch gar nicht gewollt. „Wichtig ist, dass man ehrlich miteinander ist und die Stärken und Schwächen eines jeden kennt und weiß, sie bestmöglich einzusetzen. Das ist die Kunst bei einer jeden Zusammenarbeit.“
Diese Kunst scheinen die Beteiligten an Werk 9 zu beherrschen. Die gewerkeübergreifende Kooperation besteht bereits seit 15 Jahren. 2011 fand sie in der Ausstellung in Petersberg ein gemeinsames „Zuhause“. Schon lange hatte man sich mit diesem Gedanken getragen. Das Mitglied Marco Gretsch errichtete dann einen neuen Standort für seine Tischlerei und schlug vor, großzügiger zu bauen, um allen acht Mitgliedern in einer zusammenhängenden Ausstellung Raum zur Präsentation und für gemeinsame Veranstaltungen zu bieten.
Die Räume wurden zusammen geplant und eingerichtet. Jeder kam für die Ausstattung seines Gewerkes auf und zahlt anteilig Miete. Es gibt einen Kooperationsvertrag, der aber die betriebswirtschaftliche Eigenständigkeit der Mitglieder nicht anrührt. Jedes Unternehmen schreibt auch bei gemeinsam ausgeführten Projekten eine eigene Rechnung.
Anders auf der gemeinsamen Webseite, bei Kundenveranstaltungen wie dem Candle-Light-Shopping mit 150 Kunden oder in Mailings: Dort werben alle unter dem einheitlichen Erscheinungsbild des grünen Logos für Werk 9.
Vorbildliche gewerkeübergreifende Zusammenarbeit des Jahres 2015